19. November 2018. Eine klare Trendwende steht nach Ansicht der meisten Analysten vorerst nicht an, gerechnet wird mit anhaltender Nervosität und volatilen Kursen. So mancher rechnet aber mit einer baldigen Bodenbildung.
Nach Beruhigung sieht es am deutschen Aktienmarkt auch in der neuen Woche nicht aus. Die Probleme bleiben - oder haben sich sogar noch verschärft: Der Handelsstreit zwischen den USA und China, der am Wochenende den Asien-Pazifik-Gipfel belastete, die Brexit-bedingte Regierungskrise in Großbritannien und der weiterhin ungelöste Budgetstreit der EU mit Italien halten die Märkte in Atem.
"Die Finanzmärkte bleiben angesichts der anhaltenden politischen Unsicherheit vorerst nervös", prognostiziert Robert Greil von Merck Finck. Er rechnet damit, dass die Wall Street in den nächsten Wochen stabiler als Europas Börsen tendieren wird. "Dazu dürften vor allem die stark angelaufenen Aktienrückkäufe nach der amerikanischen Quartalssaison beitragen."
Am Freitag war der DAX weiter abgerutscht und mit 11.341 Punkten aus dem Handel gegangen - nicht mehr weit vom Jahrestief bei 11.051 Punkten Ende Oktober entfernt. Am Montagmorgen liegt der Index bei 11.400 Zählern.
China mittelfristig kein Problem
"Die jüngsten Trends in China mit der Abschwächung des Automarktes erinnern DAX-Investoren an das Jahr 2015", bemerkt Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Diese Autosorgen belasteten den DAX, da der Autosektor für 2019 32 Prozent der gesamten DAX-Unternehmensgewinne beisteuern soll. "Die China-Sorgen werden noch einige Monate anhalten." Mittelfristig sollten aber die jüngsten expansiven Schritte in China wie die Senkung der Mindestreservesätze oder die Ankündigung einer expansiveren Fiskalpolitik wieder zu einer Verbesserung führen.
Aktienrallye durchaus noch möglich
Auch bei Robert Halver von der Baader Bank überwiegt auf kurze Sicht die Skepsis. "Auf Sentimentebene ist die Hoffnung der Vorwochen auf eine baldige Erholung zunächst verflogen." Die angeschlagene Konjunkturstimmung trage dazu bei, dass viele Anleger von zyklischen in defensive Aktien umschichteten. "Dieser Aktientausch zeigt jedoch, dass die Anleger die Aktienflinte nicht ganz ins Korn werfen." Überhaupt sei Pessimismus für die weitere Aktienmarktentwicklung grundsätzlich gesund.
Weiter Abwärtsrisiken
Aus technischer Sicht bleibt die Lage laut Martin Utschneider von Donner & Reuschel sehr volatil. Ein deutliches Indiz für Nervosität und Unsicherheit sei zum Beispiel, dass die untere Linie des Abwärtstrends aus dem Juni zwar zuletzt ganze zehnmal getestet, aber niemals nachhaltig überschritten wurde. "Bei 11.800 verläuft nach wie vor die Schulter-Kopf-Schulter-Nackenlinie (SKS)", erklärt Utschneider. Richtig durchatmen und entspannen könnten Marktteilnehmer erst wieder ab Notierungen deutlich oberhalb der 12.000 Zähler. Selbst beim Überschreiten von 11.400 Punkten kehre der DAX bestenfalls erst wieder in seinen Juni-Abwärtstrend zurück.
Sowohl Trendfolger (MACD) als auch Kurzfristindikatoren tendierten wieder im "Niemandsland". Das Momentum oszilliere um die Nulllinie. "Auch das zeigt die obere charttechnische Begrenzung." Das mittelfristige Abwärtspotential der SKS beziffere sich nach wie vor bei 10.100 Zählern. "Das Risikomanagement sollte daher weiterhin stringent aufrechterhalten bleiben, die Risiken liegen weiter auf der ?Downside?." Ein ansteigender Volatilitätsindex VDAXnew würde die Tendenz weiter verschärfen.
"Die Lage im DAX hat sich in der vergangenen Woche nicht verbessert und dürfte auch in der anstehenden Woche wohl kaum eine nachhaltige Aufhellung erfahren", meint auch Christoph Geyer von der Commerzbank. Der dynamische Ausbruch aus dem Seitwärtstrend nach unten zeige, dass die Marktteilnehmer derzeit eher zu Abgaben bereit seien. Der MACD-Indikator stehe kurz vor einem Verkaufssignal. "Damit dürfte auch die anstehende Woche turbulent werden."
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Mittwoch, 21. November
14.30 Uhr. USA: Auftragseingänge langlebige Güter Oktober. Laut DekaBank belastet der zivile Flugzeugbau, die Analysten rechnen daher mit einem Minus von 3,5 Prozent im Oktober gegenüber dem Vormonat. Der Auftragseingang für Investitionsgüter ohne Verteidigung und Flugzeugbau sei aber leicht um 0,5 Prozent gestiegen.
Donnerstag, 22. November
USA: Thanksgiving (kein Handel).
Freitag, 23. November
USA: "Black Friday" mit verkürztem Handel. Vor allem der US-Einzelhandel hofft auf hohe Umsätze und Rückschlüsse auf das anstehende Weihnachtsgeschäft.
10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindex November. Die DekaBank verweist auf die schwache wirtschaftliche Entwicklung in Euroland im dritten Quartal. Es sei allerdings nicht davon auszugehen, dass sich die Einkaufsmanagerindizes im November nun der schwachen Konjunkturdynamik anpassten und fielen, vielmehr sei nach den zahlreichen Rückgängen mit einer Konsolidierung zu rechnen.
19. November 2018, © Deutsche Börse AG
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