(neu: Treffen vorbei; Kommissionssprecher zu "Fortschritten" im 1. Absatz)
BRÜSSEL/LONDON (dpa-AFX) - Im Wettlauf gegen die Zeit hat die britische Premierministerin Theresa May in Brüssel versucht, die letzten Knackpunkte im Brexit-Vertragspaket mit der Europäischen Union auszuräumen. Die Regierungschefin traf sich am Mittwoch zum Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Anschließend sprach ein Kommissionssprecher von "sehr guten Fortschritten", fügte aber hinzu: "Die Arbeit geht weiter." Der letzte Durchbruch steht also noch aus.
May hatte sich vorige Woche mit der EU auf den Entwurf eines Vertrags zum EU-Austritt im März 2019 geeinigt, der bei einem EU-Sondergipfel am Sonntag offiziell gebilligt werden soll. Verhandelt wird noch über eine "politische Erklärung" zu den künftigen Beziehungen beider Seiten, die ebenfalls bis zum Gipfel stehen soll.
Anders als erwartet lag bis Mittwochabend kein Entwurf vor. "Wir sind noch nicht am Ziel", sagte der Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis mittags. Ein "finaler Text" müsse natürlich vor Freitag stehen. Dann wollen Regierungsvertreter der 27 EU-Staaten die Erklärung vor dem Gipfel noch einmal genau abklopfen.
Trotz der Grundsatzeinigung vergangene Woche bleiben also wenige Tage vor dem Sondergipfel noch Stolpersteine. May steht wegen des Vertragsentwurfs im eigenen Land massiv unter Druck, so dass derzeit keine Mehrheit im Parlament in Sicht ist. Die Regierungschefin will deshalb in der politischen Erklärung möglichst weitreichende Zusicherungen zur künftigen Wirtschaftspartnerschaft, um den Austrittsvertrag zuhause politisch besser verkaufen zu können. Die EU will ihrerseits aber keine Hintertür zu ihrem Binnenmarkt öffnen.
Auf EU-Seite erhob zuletzt Spanien Einwände mit Blick auf künftige Regelungen zum britischen Überseegebiet Gibraltar und drohte mit einem Nein. Mehrere EU-Staaten forderten zudem Zusicherungen, unter anderem zum Zugang zu Fischgründen in britischen Gewässern. Unterhändler versuchten, die diversen Forderungen zu berücksichtigen, ohne den eigentlichen Austrittsvertrag noch einmal aufzuschnüren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich für Deutschland bereits hinter den Vertragsentwurf und äußerte die Hoffnung, dass der spanische Vorbehalt ausgeräumt werde. Im Bundestag bedauerte die CDU-Chefin erneut die Brexit-Entscheidung der Briten 2016 und erkannte Mays bedrängte Position an: "Wir wissen, wie schwierig die Diskussion in Großbritannien ist", sagte Merkel.
May selbst warnte vor ihrer Abreise nach Brüssel im Parlament noch einmal vor dem Scheitern des Vertragswerks und warnte, dies könnte den Brexit womöglich noch ausbremsen. "Wenn Sie die Alternative zu dem Abkommen mit der EU anschauen, wird es entweder mehr Unsicherheit sein, mehr Spaltung oder das Risiko, dass gar kein Brexit stattfindet", sagte May.
Bislang drohte May meist mit einem chaotischen Brexit, sollte das Parlament dem Deal nicht zustimmen. Davon scheint sie nun abgerückt zu sein. Arbeitsministerin Amber Rudd hatte zuvor in der BBC ausgeschlossen, dass es zu einem Brexit ohne Vertrag kommt. "Es gibt keine Mehrheit im Unterhaus, um das zuzulassen", sagte Rudd./cmy/DP/he
AXC0260 2018-11-21/20:09