Handelskrieg, Zinserhöhungsängste, EU-Italo-Haushaltsstreit und Brexit-Debatte halten sich als Stimmungskiller am Aktienmarkt ähnlich hartnäckig wie Kaugummi am Schuh. Nicht zuletzt sorgt der Einbruch im bis dato so euphorischen Technologiesektor für Ernüchterung bei den Anlegern. Aber stehen die Chancen für eine Jahresend-Rallye wirklich so schlecht wie es derzeit scheint oder besteht berechtigte Hoffnung?
Geht der Brexit-Deal doch noch durch?
Während der EU-Gipfel am 25. November den Brexit-Deal zwischen der EU und Großbritannien billigen wird, ist der Widerstand in der Konservativen Partei von Premierministerin May groß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Austrittsabkommen bei der Londoner Parlamentsabstimmung abgelehnt wird.
Nicht emotional, sondern rational betrachtet, ist dieser Deal das Beste, was beide Seiten erreichen konnten. Bis Ende 2020 und mit möglicher, abermaliger Fristverlängerung bis Ende 2022 bliebe bis zum finalen Scheidungsvertrag vieles beim Alten. Die Briten behalten ihren Zugang zum EU-Binnenmarkt, auch wenn sie ihre Mitbestimmungsrechte verlieren. Der EU wiederum bleibt zunächst der Konflikt in der nordirischen Grenzfrage erspart und kontinentale Import- und Exportunternehmen sowie Firmen mit Produktions- und Dienstleistungsstandorten auf der Insel müssen keine abrupten Umsatz- und Gewinneinbrüche befürchten.
Die britische Industrie wird nicht müde, vor den gravierenden Folgen eines No Deal-Brexit zu warnen, den sie als Sprung von der Klippe beschreiben. Die bereits eingetrübte Konjunkturstimmung macht auch vor britischen Aktien nicht Halt.
Ermutigend ist, dass ein Misstrauensvotum gegen Theresa May bislang nicht genügend politische Unterstützung findet. Manche Brexit-Vertreter bellen zwar laut, beißen aber nicht. Sie fürchten, für den Wirtschaftseinbruch nach einem harten Brexit verantwortlich gemacht zu werden, der sie dann im Falle einer Neuwahl die politischen Ämter kosten würde.
Finanzpolitische Gnade vor Stabilitätsrecht kehrt Italiens Schuldenproblem unter den Teppich
Die Tür für ein EU-Defizitverfahren gegen Italien ist jetzt offen. Doch bis es tatsächlich anläuft und Sanktionen drohen, ist es noch ein langer Weg. Ohnehin gilt gleiches Recht für alle. Der häufige Defizitsünder Frankreich musste nie Strafzahlungen leisten. Außerdem kann man Italien nicht zur Stabilität zwingen. Auch unter Berücksichtigung der Europa-Wahl im Mai 2019, die nicht zu einer Anhäufung Euro-kritischer Abgeordneten führen soll, hat Brüssel kein Interesse an einer nachhaltigen italienischen Schuldenkrise, die europaweit auch sozialpolitisch streut. Die Kraft der faktischen Realpolitik zwingt beide Kontrahenten in Brüssel und in Rom zu einer Schulden-Einigung. Selbst die römische Regierung scheint mitunter Kreide gefressen zu haben.
Kein Ende der Happy Liquidity Hour der EZB
Auf ihrer Jahresabschlusssitzung am 13. Dezember wird die EZB ihre Anleihekäufe wie erwartet einstellen. Bei Betrachtung ist diese geldpolitische Maßnahme aber wenig restriktiv. Notenbank-Präsident Mario Draghi wird betonen, dass das am Jahresende neu erreichte Rekordniveau an Liquidität durch Reinvestierung fällig werdender Anleihen längerfristig erhalten bleibt.
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