Vor Beginn des Weltklimagipfels haben Bundesregierung und Bundestag sich zu den Klimazielen bekannt und deren Umsetzung gefordert. "Wir können hier in Deutschland zeigen, wie wirtschaftlicher Erfolg und engagierter Klimaschutz gemeinsam vorangehen", sagte Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Donnerstag im Parlament. Der Bundestag forderte die Regierung auf, darauf hinzuarbeiten, das Klimaschutzziel für 2020 "möglichst schnell" zu erreichen.
Die Klimakonferenz der Vereinten Nationen beginnt am Montag im polnischen Kattowitz. Dort sollen die Klimadiplomaten unter anderem ein Regelwerk für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015 erarbeiten, das die nationalen Klimaschutz-Beiträge vergleichbar machen soll.
Auch ohne deutschen Zeitplan für den Kohleausstieg fahre sie nicht mit leeren Händen zu dem Gipfel, sagte Schulze. Deutschland sende "genau das richtige Signal" mit der Kohlekommission, in der Klimaschützer, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften derzeit über den Kohleausstieg beraten. Da dies vor allem auf Druck der ostdeutschen Kohleländer länger dauert, liegt ein Konzept für das Ende der klimaschädlichen Stromgewinnung aus Kohle noch nicht vor. "Dann brauchen wir halt etwas länger", sagte Schulze. Es sei wichtig, dass Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gingen.
Die Grünen dagegen warfen der Bundesregierung vor, die Chance "verstolpert" zu haben, in Kattowitz eine Blaupause für einen sozialverträglichen Kohleausstieg vorzulegen. Es müsse doch eigentlich allen klar sein "wie nah die Menschheit inzwischen am Abgrund entlang schlafwandelt", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Deutschland Vorreiter beim Klimaschutz sei, nicht Nachzügler.
Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU), der wie Schulze an der Klimakonferenz teilnehmen wird, mahnte ebenfalls mehr Engagement an: "Auch Deutschland liegt zurück. Es gibt keinen Zweifel, dass wir hier ehrgeizig aufholen müssen." In Somalia, der Tschadregion und Bangladesch habe es seit drei Jahren nicht geregnet, in der Region seien schon 20 Millionen Klimaflüchtlinge unterwegs. Wichtig sei, die Wirtschaft mitzunehmen, da es auch private Investitionen in erneuerbare Energien und Klimaschutz brauche.
In ihrem gemeinsamen Antrag forderten SPD und Union die Bundesregierung auf, in Deutschland stärker als bisher die Anpassung an den Klimawandel zu fördern und wie im Koalitionsvertrag vorgesehen den Ökostrom-Anteil auf 65 Prozent bis 2030 zu erhöhen. Derzeit liegt er etwa bei 35 Prozent. Zudem solle die Bundesregierung in allen Sektoren Anreize entwickeln, um Treibhausgase einzusparen.
Grüne und Linke hatten in einem gemeinsamen Antrag unter anderem gefordert, die letzten Kohlekraftwerke in Deutschland bis 2030 abzuschalten und den Klimaschutz im Grundgesetz zu verankern, die anderen Fraktionen lehnten dies ab. Nach Angaben aus der Linke-Fraktion war es der erste gemeinsame Klimaschutz-Antrag der beiden Fraktionen.
Die Forderung der AfD, alle Gesetze und Verordnungen der Klimaschutzpolitik zu beenden, fand keine Unterstützung der anderen Fraktionen. Die Grünen forderten in einem weiteren Antrag unter anderem, ab 2030 ausschließlich abgasfreie Autos neu zuzulassen. FDP-Fraktionsvize Frank Sitta betonte dagegen, der deutsche Anteil am weltweiten Treibhausgas-Ausstoß sei mit 2,37 Prozent sehr gering. Es brauche deswegen globale Lösungen.
Das nationale Klimaziel, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu denken, wird Deutschland wohl deutlich verpassen. Die Konzentration richtet sich nun vor allem darauf, die Ziele bis 2030 zu erreichen. Im kommenden Jahr will die große Koalition ein Klimaschutzgesetz verabschieden, dass CO2-Spar-Ziele für Sektoren wie Verkehr, Energie und Gebäude festlegt./ted/hoe/DP/tos
AXC0274 2018-11-29/17:47