Das Drohpotenzial vom Ölmarkt hinsichtlich inflationsbedingter Zinsangst und weltweiter Wachstumsdelle hält sich in Grenzen. Denn jede vorläufige Ölpreiserhöhung leitet der Alternativölförderung US-Fracking Wasser auf ihre Mühlen, die über eine dann steigende Produktion schließlich wieder für sinkende Preise sorgt. Neben dieser guten Nachricht sorgt jedoch die neue Eskalationsstufe im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit für wenig vorweihnachtlich-besinnliche Aktienstimmung. Sind damit die Chancen auf eine Jahresend-Rallye vertan?
Der Zerfall der einst mächtigen Opec ist offensichtlich
Einem weiteren Preisverfall will die Opec zwar grundsätzlich entgegenwirken, da zum jetzigen Ölpreis die große Mehrheit der Opec-Produzenten keinen ausgeglichenen Staatshaushalt erreichen kann. Das gilt insbesondere für den größten Opec-Spieler Saudi-Arabien, der händeringend die Finanzierung eines zweiten Wirtschaftsstandbeins neben dem an Bedeutung verlierenden Ölgeschäft sichern und die soziale Ruhe im Land über großzügige Transferleistungen erhalten will.
Die Öl produzierenden Länder inklusive Russland (Opec+) tun sich aber offenbar schwer, die Höhe der Förderkürzungen zu bestimmen. Ein gemeinsames Vorhaben steht und fällt mit der Beteiligung Russlands, das Produktionseinschränkungen allerdings sehr skeptisch sieht. Moskau betrachtet die restriktive Ölpolitik kritisch und hält sich alle Förderoptionen offen. Denn jede Förderkürzung bei konventionellem Opec-Öl spielt dem alternativen US-Fracking-Öl in die Hände: Der zunächst steigende Ölpreis wird von der US-Fracking-Industrie im Zuge einer margenträchtigen Ausweitung ihrer Produktion gnadenlos ausgenutzt. Schließlich würden die Ölpreise wieder nachgeben, die Förderkürzung der Opec wäre verpufft und sie hätte auch noch Marktanteile an das US-Fracking verloren. Ohnehin begünstigen umfangreiche amerikanische Investitionen in die Transportlogistik die Bedeutung von US-Fracking-Öl auf den Weltmärkten.
Insgesamt hat die Opec angesichts der neuen Machtverhältnisse am Ölmarkt massiv an Einfluss verloren. Russland und die USA verwässern mittlerweile jede Ölförderpolitik des einst so mächtigen Opec-Verbunds. Der Bedeutungsverlust der Opec zeigt sich sogar in den eigenen Reihen: Katar tritt nach 57-jähriger Mitgliedschaft aus. Das Emirat nutzt die politische Schwäche Saudi-Arabiens angesichts der Khashoggi-Affäre. Katar will mit seinem Exit weitere Opec-Länder ermutigen, sich auch nicht mehr dem Förderkürzungsdiktat der Saudis zu beugen. Ölpreiskrisen wie früher sind ausgeschlossen.
Katar und Russland setzen mit ihrem gemeinsamen Forum "Gas exportierender Staaten" (GECF) - auch "Gas-Opec" genannt - bereits auf die gegenüber Öl zunehmende Bedeutung von Erdgas in der Wärme- und Stromgewinnung. Das Emirat ist mit einem Marktanteil von 26 Prozent bereits der weltgrößte Flüssiggasexporteur. Mit üppigen Gasvorräte ist man gegenüber den Saudis klar im Vorteil.
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