BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Wirtschaft hat vor Beginn der zweitägigen europäischen Gipfelberatungen in Brüssel zu Reformbeschlüssen gemahnt. "Nach den mühsamen Jahren zur Überwindung der Eurokrise sollten die Staats- und Regierungschefs jetzt konkret werden und nachhaltige Reformen zur Stabilisierung der Eurozone über die Ziellinie bringen", erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer.
"An der Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sollte deshalb kein Abstrich gemacht werden", forderte er. Es sei richtig, dort einen Mechanismus zur Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit von Staaten zu schaffen. "Drohende Staatspleiten können Krisen an den Finanzmärkten auslösen, die Unternehmen verunsichern und notwendige Investitionen verhindern", warnte der DIHK-Präsident. Für die deutsche Wirtschaft sei der gemeinsame Wirtschafts- und Währungsraum von herausragender Bedeutung.
SPD-Fraktionsvize Achim Post forderte, die Brexit-Debatte dürfe auf dem Gipfel nicht die notwendigen Entscheidungen zur Reform der Währungsunion in den Hintergrund drängen. "Die europäischen Finanzminister haben vorgelegt, die Regierungschefs müssen jetzt nachziehen und ambitionierte Reformschritte vereinbaren", verlangte er. Vor allem müsse "der Knoten für ein Budget der Eurozone und den Aufbau eines Europäischen Währungsfonds endlich durchschlagen werden". Gerade beim Eurozonen-Budget und bei der europäischen Digitalsteuer gelte es, "weiter am Ball zu bleiben und politisch noch nachzulegen".
Wenn die Staats- und Regierungschefs am Nachmittag zusammenkommen, werden sie eine Reihe grundsätzlicher Beratungen zum mehrjährigen Finanzrahmen ab 2021, dem Binnenmarkt und der Umsetzung eines umfassenden Migrationskonzepts führen. Im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit wird am Donnerstag aber der Brexit stehen. May wird laut deutschen Regierungskreisen zum Ende der Sitzung "ihre Sicht der Dinge zum Brexit-Verfahren vortragen". Nach einem Abendessen wollen die verbleibenden 27 EU-Länder dann darüber beraten und eine Erklärung dazu abgeben. Ein Aufschnüren des Austrittsabkommens wurde aber bereits im Vorfeld ausgeschlossen.
Deswegen wird befürchtet, dass die Debatte über den Brexit die weiteren Beratungen am Freitag überlagern könnte, wenn sich die Euro-Staaten am Nachmittag nach Ende der übrigen Beratungen zu ihrem Gipfel treffen. Die Spitzenpolitiker wollen dabei die Reformpläne für die Eurozone absegnen, die die Finanzminister jüngst vereinbart haben. Vor allem geht es dabei um die Weiterentwicklung des Euro-Rettungsfonds ESM. Dem Euro-Gipfel wird vor allem aber die Aufgabe zufallen, das weitere Vorgehen beim umstrittenen Thema eines Eurozonen-Budgets auszuhandeln.
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December 13, 2018 07:53 ET (12:53 GMT)
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