Die jüngsten Gewinne am Aktienmarkt bringen den DAX nach Ansicht von technisch orientierten Analysten einer Jahresendrallye kaum näher.
17. Dezember 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Rund 0,7 Prozent fester verabschiedete sich der DAX am Freitag aus dem Handel und startete auch am Montag freundlich in die neue Woche. Ob dadurch der Weg für die erhoffte Weihnachtsrallye frei ist, halten Analysten für unwahrscheinlich. 2019 könne sich nach Ansicht von Stefan Mütze von der Helaba aber vermutlich besser entwickeln als von vielen erwartet. Der Konsum werde das europäische und deutsche Wachstum trotz abermals rückläufigem Verbrauchervertrauen in der Spur halten. Allein die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung sollte die Abzüge von hiesigen Arbeitnehmern und Rentnern um fast 7 Milliarden Euro reduzieren. Hinzu kämen Anpassungen bei der Mütterrente, beim Kindergeld und der Einkommenssteuer. Französischen Bürgern brächten die jüngsten Zugeständnisse Macrons mindestens 10 Milliarden Euro und auch die italienische Regierung gebe sich spendabel.
Für Chris-Oliver Schickentanz rücken nach den auf Wochensicht massiven Verkäufen von Aktien und Unternehmensanleihen vonseiten der Großanleger auch technisch-taktische Kaufsignale näher. "Entweder kommt also noch eine späte Jahresendrallye oder ein versöhnlicher Jahresauftakt", prognostiziert der Commerzbank-Analyst.
Überhitzung der US-Wirtschaft unwahrscheinlich
Die zunehmende Angst vor einem konjunkturellen Abschwung in den Vereinigten Staaten teilt Schickentanz nicht. Trotz der hohen Auslastung gebe es weder an den Finanzmärkten noch mit Blick auf die Inflation Anzeichen für eine Überhitzung. Der Zinsanstieg habe die Bautätigkeit spürbar gebremst. Die anstehenden Daten vom US-Wohnungsmarkt würden allenfalls eine leichte Belebung zeigen. Auch die Ausrüstungsinvestitionen bleiben hinter den Erwartungen zurück. In der Vergangenheit seien Konjunkturzyklen dagegen infolge von Überinvestitionen beendet worden.
Ende des Ausverkaufs in Sicht
Die zwischenzeitlich versöhnlicheren Töne im US-chinesischen Handelsstreit spiegeln sich laut Robert Halver in ZEW-Konjunkturerwartungen wider. Neben den Zollrücknahmen für Autoimporte aus den USA von 40 auf 15 Prozent und dem wieder aufgenommenen Import von US-Sojabohnen signalisiere Peking die Bereitschaft einer Verwässerung seiner "Made in China 2025"-Politik und die Aufgabe des geplanten Ausbaus von Marktanteilen chinesischer Unternehmen im US-High-Tech-Sektor. Für den Baader Bank-Analysten scheint damit der Weg für eine einvernehmliche Beilegung des Handelskonflikts im kommenden Jahr geebnet.
Als Zeichen für ein allmähliches Ende des Ausverkaufs an den US-Börsen interpretiert Halver die Marktstimmung. Der Anteil der Optimisten abzüglich der Pessimisten liege mittlerweile unterhalb der ersten Standardabweichung und deute damit auf eine Kontraindikation.
DAX technisch nach wie vor angeschlagen
Nach Beobachtung von Christian Schmidt von der Helaba schließen hiesige Marktteilnehmer nach und nach ihre Bücher. Der große Verfallstermin an der Eurex in dieser Woche habe aber das Zeug, für die ein oder andere Kursverwerfung zu sorgen. Zudem gelte es für Anleger, bei allen Anlageentscheidungen, das negative Chartbild und die strukturell sehr angeschlagene Konstellation des DAX zu berücksichtigen.
Innerhalb der derzeitigen Handelsspanne zwischen 10.580 und 11.050 Punkten seien die Trends des deutschen Bluechip-Index auf allen Zeitebenen technisch abwärtsgerichtet. Deshalb müsse das Risiko weiterer Rücksetzer deutlich höher gewichtet werden. Spannend wird es nach Ansicht von Schmidt auch unter Zeitaspekten. Heute ende ein auf Basis harmonischer Strukturen hergeleiteter Preiszyklus und am 21. Dezember folge ein "großer Gann-Tag", so dass die kommenden Handelstage hinsichtlich einer potenziell richtungsweisenden Impulsbewegung von großer Bedeutung seien. Das schließe den Jahresbeginn ein. Die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs auf der Unterseite gewichtet der technische Analyst höher. Dafür spreche auch die strukturelle Konstellation der DAX-Werte. 80 Prozent der Anteilsscheine notierten sowohl unterhalb der 200- als auch unter der 20-Tagelinie. Eine erste, beachtenswerte Unterstützung macht Schmidt bei 10.874 DAX-Zählern aus. Knapp unterhalb um 10.857 Punkte verlaufe eine Strukturprojektion. Weitere Haltepunkte sieht Schmidt bei 10.763 und 10.580 Punkten.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Mittwoch, 19. Dezember
20 Uhr USA: Federal Reserve Zinsentscheid. Als Highlight der Vorweihnachtswoche sehen Marktbeobachter die FOMC-Sitzung und sind sich über eine Erhöhung des Leitzinsbandes um 25 Basispunkte auf 2,25 bis 2,50 Prozent einig. Geldpolitisch sei die US-Notenbank ein wenig hin- und hergerissen. Einerseits spreche eine sich abzeichnende Konjunkturabkühlung für eine langsamere Gangart bei den künftigen Zinserhöhungen. Der anhaltende gute Arbeitsmarkt und die steigende Inflation sprächen hingegen für eine weitere Straffung. Die Helaba hält Spekulationen über eine baldige Pause im US-Zinszyklus für überzogen. Bis zum Ende kommenden Jahres sei lediglich ein Zinsniveau von 2,58 Prozent am Markt eingepreist. Anziehende Stundenlöhne und eine im Trend zulegende Kerninflation könnten hier zu einem mittelfristigen Umdenken beitragen.
von: Iris Merker
17. Dezember 2018, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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