Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Bei der geplanten Umstellung des kurzfristigen Referenzzinses von Eonia (Euro Overnight Index Average) auf Ester (Euro Short Term Rate) sollte es nach Einschätzung eines Expertengremiums eine Übergangszeit geben, in der beide Zinssätze nebeneinander existieren. Die "Arbeitsgruppe Kurzfristzinsen" stellt in einem aktuellen Konsultationspapier verschiedene Übergangsvarianten vor, favorisiert aber ein Szenario, in dem die Berechnung von Eonia der Ester-Methodik angepasst wird und Eonia mit einem noch festzulegenden Aufschlag gegenüber Ester versehen wird. Die Übergangsfrist sollen die Institute dazu nutzen, Altverträge umzustellen.
Die Arbeitsgruppe schlägt dem hierfür zuständigen European Money Markets Institute (Emmi) vor, vor dem 1. Januar 2020 die Methode der Eonia-Berechnung jener von Ester anzupassen. Der wesentliche Unterschied ist, dass Eonia auf Basis von Umfragen unter Banken erhoben wird, die sich am Geldmarkt Liquidität borgen. Ester dagegen wird bei Kreditgeber erhoben, und zwar auf Basis tatsächlicher Transaktionen, deren Daten die EZB hat. Deshalb liegt Ester auch nicht am Tag der Transaktion selbst, sondern erst einen Tag später vor. Erfasst werden überdies nicht nur Banken, sondern auch andere Akteure.
Gegenwärtig berechnet die EZB einen "Pre-Ester", der zeigt, dass Ester um einige Basispunkte unter dem Eonia notieren wird. Die Arbeitsgruppe schlägt vor, die Eonia-Berechnung jener von Ester anzupassen und einen Zinsaufschlag zu bestimmen, der vor Beginn der Koexistenz beider Sätze veröffentlicht wird. Außerdem schlägt die Arbeitsgruppe den Banken vor, ihre Aktivitäten schrittweise auf Ester umzustellen und sich auf ein vollständiges Auslaufen von Eonia vorzubereiten.
Gegenwärtig basieren Kontrakte im Volumen von über 100 Billionen Euro auf Eonia, so dass eine Umstellung auf einen neuen Zinssatz große Umsicht erfordert. Eonia entspricht jedoch nicht mehr den regulatorischen Vorgaben der EU-Kommission und darf deshalb nicht mehr nach dem 1. Januar 2020 benutzt werden. Die mit Bankenvertretern besetzte Arbeitsgruppe wurde 2017 von der EZB sowie den für Markt- und Wertpapieraufsicht zuständigen Behörden FSMA und Esma ins Leben gerufen.
Die Arbeitsgruppe befasst sich außerdem damit, eine Rückfalloption für den ebenfalls auslaufenden längerfristigen Referenzzins Euribor (Euro Interbank Offered Rate) mit seinen verschiedenen Laufzeiten zu schaffen. Dieser soll ebenfalls auf Ester beruhen. Die Experten gehen aber davon aus, dass das Emmi einen neuen, den Regularien entsprechenden Zins konstruieren wird.
Rückmeldungen zu den Konsultationsdokumenten werden bis 1. Februar 2019 erwartet.
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December 20, 2018 05:19 ET (10:19 GMT)
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