
DRESDEN (dpa-AFX)- Sachsens Finanzminister Matthias Haß (CDU) sieht die ostdeutschen Ländern durch den neuen Finanzausgleich in eine größere Abhängigkeit vom Bund geraten. "Die Geschwister sind künftig stärker vom Vater abhängig. Das sehe ich mit großer Sorge", sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Mit den neuen Bund-Länder-Finanzbeziehungen habe man de facto Rechte des Bundes für eine Mitsprache und Kontrolle über die Länderfinanzen mit eingekauft. Die zunehmende Abhängigkeit sei Ausdruck einer zentralistischen Strömung: "Das ist für Länder, die wie Sachsen ein hohes Selbstverständnis von Eigenständigkeit haben, ein Ärgernis."
Als Beleg nannte Haß den Streit um den Digitalpakt, den nun der Vermittlungsausschuss des Bundesrates beilegen soll. Der Pakt diene dem Bund nun als Aufhänger für eine Änderung des Grundgesetzes mit weitreichenden Konsequenzen für die Länder. "Die Entwicklung dreht sich immer mehr in Richtung einer starken Bundesregierung, die den Ländern nicht nur das Geld zuweist, sondern auch erklärt, was sie damit zu tun haben." Die Länder liefen Gefahr, Zuständigkeiten in Bereichen wie Bildung oder Polizei zu verlieren.
"Man muss die Frage stellen, wo das hinführen soll. Der Bund will künftig, dass die Länder von jeder Finanzhilfe des Bundes die Hälfte tragen sollen", betonte der 51 Jahre alte Politiker. Das möge zwar manchmal sinnvoll und machbar sein, dürfe aber nicht zum Prinzip erhoben werden. "Es gibt Umstände wie Konjunktureinbrüche oder Katastrophen, bei denen die Länder diese Hälfte eben nicht leisten können. Meine Sorge ist, dass man aus rein tagespolitischen Erwägungen das Kind mit dem Bade ausschüttet."
Mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung sagte Haß, nach einer "Goldenen Dekade" mit sprudelnden Steuerquellen seien nun erste Bremssignale sichtbar. Die Wirtschaftsforschungsinstitute sprächen von einer Abkühlung, auch wenn es derzeit noch keine Anzeichen für eine Rezession gebe. "Aber das starke Wachstum schwächt sich ab. Das macht sich schon in der jüngsten Steuerschätzung bemerkbar", sagte der Minister. "Das müssen wir ins Kalkül ziehen. Hinzu kommen Risiken wie der Brexit oder die Politik von US-Präsident Donald Trump. Für exportorientierte Nationen ist das eine große Hypothek."
Mit dem Auslaufen des Solidarpaktes Ende 2019 würden die ostdeutschen Länder in eine neue Welt eintreten. "Wir kommen damit in die Normalität des Finanzausgleiches, sind auf unsere eigene Wirtschafts- und Steuerkraft angewiesen und wissen, wo wir stehen." Man befinde sich aber weiter in einer hohen finanziellen Abhängigkeit vom Bund und von westlichen Bundesländern. "Bislang waren die Solidarpaktmittel das Fundament für überdurchschnittliche Investitionen. Das bricht nun erstmal weg." Wegfallende Solidarpaktmittel würden nun durch den Bund-Länder-Finanzausgleich kompensiert werden: "Man kann darüber streiten, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist."/jos/DP/he
AXC0012 2018-12-26/14:30