Wie begründet die Hoffnungen auf Fortschritte in den Handelsgesprächen zwischen den USA und China sind, dürfte die entscheidende Frage für Anleger in der kommenden Woche sein. Am Freitag waren als Reaktion auf einen Bericht im "Wall Street Journal" trotz eines umgehenden Dementis des US-Finanzministeriums einmal mehr Vorschusslorbeeren verteilt worden. In der US-Regierung gebe es Forderungen, Zölle auf chinesische Waren zu senken, hatte die Wirtschaftszeitung am Donnerstagabend berichtet und so eine neue Börsenrally ausgelöst, die von New York aus nach Europa überschwappte.
Am Freitag berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg dann über ein angebliches Angebot der Chinesen, den Handelsüberschuss mit den USA bis 2024 auf Null zu reduzieren. Den Amerikanern gehe dies aber nicht schnell genug. "Solange keine konkreten Fakten zum Handelskonflikt vorliegen, wird die Gerüchteküche an den Börsen weiter brodeln und zu einem verstärkten Auf und Ab beitragen", betont Finanzanalyst Dirk Friczewsky für Lynx Broker.
Auch der Brexit und die stillstehende Regierung in den USA zählen zu den dominierenden Themen für die Anleger. Sie dürften nach wie vor zu hoher Unsicherheit beitragen, die die Aktienmärkte seit geraumer Zeit schon fest im Griff hat. Hinzu kommt die Fahrt aufnehmende Berichtssaison in den USA und das Weltwirtschaftsforum in Davos. Ob das seit Jahresbeginn spürbar gestiegene Vertrauen der Anleger daher berechtigt ist, bleibt so lange weiter ungewiss, wie konkrete Lösungen fehlen.
Auch die Rückeroberung der Anfang Dezember gefallenen 11 000
Punkte-Marke im Dax
Gefahren, aber auch Chancen für Dax & Co. könnten sich zum einen aus den nächsten Schritten in Großbritannien ergeben. Zu Wochenbeginn will Premierministerin Theresa May dem britischen Parlament einen "Plan B" zum Austritt des Landes aus der EU vorlegen. Die Abstimmung steht dann in der darauffolgenden Wochen auf dem Programm. "Neue Lösungen dürfte sie aber noch nicht präsentieren", vermutet Peter Dixon von der Commerzbank und rechnet unverändert mit einer Verschiebung des Brexit-Termins. Womöglich sogar über die Jahresmitte hinaus, denn "dann wäre mehr Zeit gewonnen für eine endgültige Lösung", schreibt er.
Ein Ende des Haushaltsstreits in den USA ist ebenfalls noch immer nicht in Sicht. Wegen des so genannten Shutdowns, der die Handlungsfähigkeit von US-Behörden beeinträchtigt, wird wohl auch keine Delegation aus den USA nach Davos reisen. Präsident Donald Trump hatte seine eigene Teilnahme am Treffen der Eliten aus Wirtschaft und Politik schon vorher abgesagt.
Ob daher Konjunkturdaten aus den USA in der neuen Woche
veröffentlicht werden, bleibt ungewiss. Interessant wären vor allem
die Auftragseingänge für langlebige Güter im Dezember, die
eigentlich für Freitag vorgesehen sind. Unabhängig davon, ob dieser
Termin eingehalten wird oder nicht, rechnet Analyst Heinrich Bayer
von der Postbank "mit einem kräftigen Zuwachs um 2,0 Prozent im
Vormonatsvergleich". Vor allem die starke Zunahme der
Flugzeugbestellungen beim US-Konzern Boeing
Von der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag erwartet der Postbank-Experte indes nicht viel. Die Nettoanleihekäufe wurden wie lang erwartet Anfang des Jahres eingestellt.
So ist konjunkturseitig wohl nur noch der Ifo-Geschäftsklimaindex für Januar spannend. Die internationale Nachrichtenlage dürfte die Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter gedrückt haben, auch wenn sie insgesamt noch immer recht solide sei, sagte Postbank-Analyst Bayer über die am Freitag anstehenden Daten.
Unternehmensseitig bleibt es am deutschen Aktienmarkt wohl noch
weiterhin relativ ruhig, während sich in den USA die Berichtssaison
mit Zahlen von gleich sechs Konzernen aus dem Wall-Street-Index Dow
Jones Industrial
Am deutschen Markt indes zeigt ein Blick in den Finanzkalender nur
vorläufige Umsatzzahlen des Modeherstellers Hugo Boss
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008
AXC0224 2019-01-18/17:28