
BERLIN (Dow Jones)--Multinationale Konzerne profitieren laut einer neuen Studie überdurchschnittlich von Steuerprivilegien und Steuerschlupflöchern in der Europäischen Union EU). Das sei das Ergebnis der Studie "Effective Tax Rates of Multinational Enterprises in the EU" im Auftrag der Grünen im Europaparlament, wie deren Finanzexperte Sven Giegold bekanntgab. Die ausgewerteten Daten belegten, "dass kleinere, lokal tätige Firmen in den meisten Ländern spürbar benachteiligt werden gegenüber grenzüberschreitend tätigen Konzernen: Je größer das Unternehmen, desto geringer der effektive Steuersatz."
Die Studie des Prager Steuerexperten Petr Jansky basiert den Angaben zufolge auf den besten überhaupt erhältlichen länderspezifischen Steuerdaten, der sogenannten Orbis-Datenbank. Grünen-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter erklärte, die "neuen Erkenntnisse über die unverhältnismäßig niedrigen Steuerbeiträge von Großkonzernen in Deutschland und Europa sind ein Ärgernis und eine große Enttäuschung". Durch eine Verzögerungs- und Blockadepolitik wichtiger Steuerreformen in Brüssel habe vor allem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) "ein Gerechtigkeitsdefizit erschreckender Größe entstehen lassen".
Das Bundesfinanzministerium (BMF) wertete die Studie seinerseits aber als Beleg für die eigene Haltung. "Die heute veröffentlichte Studie der Uni Prag bestätigt die Einschätzung des BMF, dass es multinationale Unternehmen gibt, die - teilweise mit rechtlichen Tricks - ihre Gewinne weltweit so verschieben, dass sie am Ende nur geringe oder gar keine Steuerzahlungen leisten müssen", erklärte das Ministerium. Das sei nicht akzeptabel, denn so verweigerten sie ihren fairen Beitrag zur Finanzierung der Staatsaufgaben. Der Kampf gegen schädliche grenzüberschreitende Steuergestaltungen stehe "daher ganz oben auf der Agenda von Bundesfinanzminister Olaf Scholz".
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January 22, 2019 08:12 ET (13:12 GMT)
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