(Neu: Stimmen der Aktionäre, Hintergrund, Aktienkurs aktualisiert)
BOCHUM (dpa-AFX) - Auf der Hauptversammlung des Stahl- und
Industriekonzerns Thyssenkrupp
Im Industriegütergeschäft sei Thyssenkrupp zwar "gut im Markt positioniert, aber eben nicht herausragend", sagte der Manager vor Aktionären in Bochum. Er müsse anerkennen, "dass wir bei der operativen Performance noch viel besser werden müssen".
Dabei mangelt es dem Konzern an Wettbewerbsfähigkeit - ausgerechnet in den als wachstumsträchtig geltenden Industriegütergeschäften wie Aufzüge, Automobilkomponenten oder im Anlagenbau. Komplizierte Strukturen, Ineffizienzen und hohe Kosten machen dem Konzern zu schaffen. Das Management hat verschiedene Sparprogramme eingeleitet.
Kerkhoff setzt große Hoffnung auf die geplante Aufspaltung des Konzerns in ein Industriegüter- und ein Werkstoffunternehmen. Dies soll die Geschäfte schneller, effizienter und wettbewerbsfähiger machen und zudem stille Reserven heben. Beide Unternehmen sollen einen direkten Zugang zum Kapitalmarkt haben.
Thyssenkrupp habe dafür ein "einstimmiges Mandat" für die Teilung erhalten, sagte er. "Ich bin sehr froh, dass insbesondere unsere beiden Großaktionäre fest hinter den Plänen stehen." Dabei erwähnte Kerkhoff insbesondere die Krupp-Stiftung, die größter Aktionär von Thyssenkrupp ist. Zweiter Hauptaktionär ist der schwedische Finanzinvestor Cevian, der sich vor allem im vergangenen Jahr immer wieder äußerst kritisch über die Strategie des Konzerns geäußert hatte und öffentlich querschoss. Die Querelen im Aufsichtsrat über die weitere Strategie gingen soweit, dass im vergangenen Sommer sowohl der langjährige Vorstandsvorsitzende Heinrich Hiesinger sowie der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner entnervt das Handtuch warfen. Andere Mitglieder des Aufsichtsgremiums folgten.
Die Aktionäre gingen daher am Freitag auf der Hauptversammlung vor allem mit dem Aufsichtsrat hart ins Gericht. Daniel Voss von der SdK etwa warf Mitgliedern des Gremiums vor, ihre eigene Politik auf dem Rücken des Unternehmens auszutragen, was "inakzeptabel" sei. Andere Aktionäre fühlten sich ob der Querelen rund um Cevian oder die Krupp-Stiftung eher an eine "Daily Soap" erinnert. Thomas Hechtfischer von der DSW sprach von einem "Hauen und Stechen".
Auch bei der Suche nach neuen Aufsichtsmitgliedern habe das Gremium kein gutes Bild abgegeben, lautete die Kritik. Das räumte auch Aufsichtsratschef Bernhard Pellens ein, der erklärte, die öffentliche Diskussion sowie Indiskretionen hätten dem Unternehmen geschadet. Neuen Mitgliedern wie Martina Merz, die auf der Hauptversammlung zur neuen Vorsitzenden gewählt werden soll, wurde vorgeworfen, zu viele Mandate zu haben und sich nicht genügend auf Thyssenkrupp konzentrieren zu können.
Auch an der geplanten Teilung gab es Kritik. So äußerte etwa SdK-Verteter Voss die Befürchtung, die Pläne seien "aus der Not geboren". Er vermisste zudem die industrielle Logik bei der Verteilung der Geschäfte auf die beiden neuen Unternehmen, etwa, dass die Marinesparte den Werkstoffgeschäften zugeschlagen werde. Andere Aktionäre pflichteten ihm dabei bei, sprachen sogar von "Rosstäuscherei".
Kritisiert wurde, dass alleine eine Aufteilung die Geschäfte nicht profitabler mache. Die Aktionäre bemängelten dabei auch die hohen Kosten. Bis zu 1 Milliarde Euro könnte die Aufspaltung verschlingen. Nach Einschätzung von SdK-Vertreter Voss ließen sich Effizienzgewinne hingegen auch in einem einheitlichen Konzern erzielen - ohne diese Kosten. Er warf dem Management vor, "den Markt aus den Augen verloren" und sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt zu haben. Winfried Mathes von Deka Investment betonte, alleine mit der Aufspaltung sei es "nicht getan". Es mangele an Wettbewerbsfähigkeit. Allein mit Effizienzprogrammen ließe sich ein Unternehmen nicht strategisch neu aufstellen.
Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff verteidigte hingegen die Aufspaltung als Lösung, die "für unsere Geschäfte die "bestmögliche Zukunft" schaffe. Nach der Teilung werde der Konzern mittelfristig deutlich höhere Ergebnisse erzielen, versprach Kerkhoff. "Damit sollten dann wieder höhere Dividenden möglich sein."
Das laufende Geschäftsjahr werde jedoch vom Umbau geprägt sein. Thyssenkrupp erwartet weiter ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebit) der fortgeführten Aktivitäten von über 1 Milliarde Euro, nach vergleichbar 706 Millionen im Vorjahr. Nicht mehr in dieser Prognose enthalten ist das Stahlgeschäft, das Thyssenkrupp in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Tata Steel einbringen will. Hier zeigte sich Kerkhoff zuversichtlich, die Transaktion im Frühjahr abschließen zu können. Noch muss aber die europäische Wettbewerbsbehörde zustimmen. Man sei dabei in "guten Gesprächen" mit der Behörde.
Die Zahlen für das erste Quartal will Thyssenkrupp in rund zwei Wochen vorlegen. Traditionell seien die ersten drei Monate des Geschäftsjahres die schwächsten für das Unternehmen, warnte Kerkhoff vor zu großen Erwartungen. Der Konzern liege aber im Rahmen seiner Prognose, "aber damit auch unter den Werten des Vorjahresquartals".
Die Aussagen von Kerkhoff kamen am Aktienmarkt dennoch gut an, die Papiere stiegen in der Spitze um mehr als 5 Prozent. Am frühen Nachmittag ging es noch um 2 Prozent aufwärts. Die Anleger setzen offenbar bereits auf die versprochene Besserung. Die Erwartungen scheinen dabei jedoch nach den zwei Gewinnwarnungen aus dem vergangenen Geschäftsjahr eher niedrig angesiedelt: Keine schlechten Nachrichten seien gute, hieß es aus dem Handel./nas/tav/mis
ISIN DE0007500001 INE081A01012
AXC0164 2019-02-01/14:04