Ob mit der jüngsten Erholung am deutschen Aktienmarkt die Talsohle hinter uns liegt, hängt nach Ansicht fundamental orientierter Analysten unter anderem an den Fortschritten im Handelsstreit zwischen China und den USA. Technisch stehen die DAX-Bullen auf dem Weg über die Marke von 12.000 Punkten vor wichtigen Hürden.
4. Februar 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Jahresauftakt an den internationalen Aktienmärkten kann sich sehen lassen. Viele Indizes notieren im Januar deutlich im Plus. Der deutsche Aktienindex legte knapp 6 Prozent zu. Der viel beachtete S&P 500 schaffte fast 8 Prozent. Nimmt man die Vergangenheit zum Maßstab, stehen die Chancen für ein insgesamt gutes Börsenjahr gar nicht so schlecht. Statistisch gesehen kam das marktbreite US-Barometer nach einem derartigen Start in 88 Prozent der Fälle auf ein Gesamtjahresplus, wie Markus Reinwand von der Helaba feststellt.
Die Nachrichtenlage sei zwar alles andere als günstig. Genau solche Phasen böten aber die größten Chancen bei Dividendentiteln. Schließlich liefen Aktien der Wirtschaftsentwicklung erfahrungsgemäß rund ein halbes Jahr voraus und entwickelten im Vorfeld konjunktureller Wendepunkte die höchste Dynamik. "Angesichts einer inzwischen moderaten Bewertung spricht dies für eine positive Aktienmarktentwicklung in diesem Jahr", meint Reinwand. Dass es dabei auch zu zwischenzeitlichen Verschnaufpausen kommen kann, sei klar.
Talsohle noch nicht durchschritten
Ja, die DAX-Bilanz für den Januar ist durchaus eindrucksvoll. "Das war nicht nur der stärkste Monat seit September 2017, sondern auch der beste Jahresauftakt seit 2015", weiß Karen Szola. Die schwächere Performance des zweiten Halbjahres 2018 relativierten die Kursgewinne allerdings. "Immerhin waren fünf Monatsverluste in Folge zu beobachten - die längste Negativserie seit 2001", erinnert die technische Analystin von Euro am Sonntag und Börse Online.
Für Szola deutet die jüngste Stabilisierung am deutschen Aktienmarkt auf eine fortschreitende Bodenbildung hin. Von einer positiven Trendwende könne erst dann gesprochen werden, wenn es dem DAX gelinge, sich signifikant über der Marke von 12.000 Punkten festzusetzen. "Dort notiert derzeit auch die immer noch fallende 200-Tage-Linie." Einfach werde die Reise für die DAX-Bullen nicht. Zwischen etwa 11.500 und 11.700 Punkten türmten sich noch diverse massive Widerstände auf.
Fortschritte im Zollstreit wichtig
Freud und Leid liegen für Chris-Oliver Schickentanz an der Börse oftmals eng beieinander. Die pessimistische Stimmung zu Jahresbeginn war nach Ansicht des Commerzbank-Analysten dabei der beste Nährboden für steigende Kurse. Ein bisschen Hoffnung auf einen Kompromiss im Handelsstreit, eine veränderte Rhetorik der Notenbanken und die Erkenntnis, dass ein negatives Brexit-Votum des britischen Unterhauses nicht zwangsläufig zu einem harten Brexit führt, habe ausgereicht. Nun werde es darauf ankommen, ob das geplante Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang wirklich den erhofften Durchbruch bringt.
Jeder ernste Fortschritt im Handelskonflikt ist nach Auffassung von Robert Halver von der Baader Bank geeignet, die Marktstimmung nach oben zu drehen. Zwar gebe es vor allem in der Sicherung geistigen Eigentums nach wie vor große Differenzen zwischen den beiden Supermächten. Andererseits wolle sich Donald Trump auch an der Aktien-Performance im eigenen Land messen lassen.
Zunächst dürfte sich das Anlegerinteresse aber auf die laufende Berichtssaison richten. Sowohl in den USA als auch in Europa stehen in dieser Woche eine Flut an Ergebnissen für das vierte Quartal 2018 auf der Agenda. Neben US-Schwergewichten wie Alphabet (WKN A14Y6H) und Walt Disney Company (WKN 855686) veröffentlichen unter anderem Munich Re (WKN 843002), GlaxoSmithKline (WKN 940561), Enel (WKN 928624), Infineon (WKN 623100) und BNP Paribas (WKN 887771) ihre Ergebnisse. Am Mittwoch startet Daimler (WKN 710000) als erster deutscher Autobauer. Zumindest in den USA überzeugen viele Konzerne positiv. Laut Schätzungen des Daten- und Analysehauses FactSet kommen die im S&P 500 gelisteten Unternehmen im Gesamtjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr immerhin durchschnittlich auf 19,9 Prozent höhere Gewinne.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Donnerstag, 24. Januar
8.00 Uhr Deutschland: Industrieproduktion Dezember: Sonderfaktoren wie der WLTP-Effekt bei der Automobilproduktion belasten nach Meinung der DekaBank die hiesige Industrieproduktion. Noch immer seien die Lagerbestände der Automobilindustrie nicht abgebaut. Nachfrage werde also erst noch aus den Lagern bedient, bevor die Produktion wieder hochgefahren wird. Seit zwei Monaten befinde sich zudem die Pharmaproduktion im freien Fall, ohne dass die Ursachen seitens der amtlichen Statistik geklärt werden könnten. Alles in allem rechnet die DekaBank mit einer Stagnation im produzierenden Gewerbe.
Von: Iris Merker 4. Februar 2019, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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