
BERLIN/LONDON (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat eindringlich an die britische Seite appelliert, sich aus der festgefahrenen Brexit-Situation zu befreien und dem Brexit-Abkommen mit der EU zuzustimmen.
Bei einer Rede vor der London School of Economics and Political Science hob Scholz Großbritanniens Rolle als ein Modell für Demokratie und das üblicherweise pragmatische Vorgehen der parlamentarischen Institutionen hervor.
"Im Moment ist es Aufgabe dieser Institutionen, den aktuellen Brexit-Stillstand aufzulösen und einem für das Vereinigte Königreich gangbaren Weg in die Zukunft zuzustimmen", sagte er laut einem vorab in englischer Sprache verbreiteten Redetext.
"Dies ist eine Aufgabe von höchster Bedeutung, denn eine Menge steht auf dem Spiel."
Unternehmen mit Geschäftsverbindungen in die EU und nach Großbritannien sowie Bürger müssten Gewissheit über ihre Zukunft bekommen.
"Es bleibt noch etwas Zeit, um mit der Europäischen Kommission zusammenzuarbeiten und sicherzustellen, dass das Vereinigte Königreich nicht aus der EU knallt. Das wäre das schlechteste mögliche Ergebnis. Es gibt kein besseres Angebot als das, das derzeit auf dem Tisch liegt."
Die britische Regierung und Brüssel hatten sich Ende vergangenen Jahres auf einen Vertrag zum geplanten Ausstieg Großbritanniens aus der EU verständigt. Allerdings ist die Vereinbarung vom britischen Parlament abgelehnt worden. Premierministerin Theresa May wurde aufgefordert, bei der Auffanglösung für Irland mit Brüssel nachzuverhandeln. Dieser sogenannte "Backstop" soll für die Zeit nach dem Brexit eine harte Grenze zwischen der Republik Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland verhindern.
In seiner Rede wies Scholz auch auf die Bedeutung eines "starken und vereinten Europas" in der Welt hin. In dem Handelsdisput mit den USA habe es Deutschland dank der Verhandlungsrolle der Europäischen Kommission leichter.
Zudem ist die Größe des europäischen Binnenmarktes hilfreich in den globalen Handelsfragen. "Dies macht uns zu einem Regelsetzer statt eines Empfängers von Regeln", so Scholz.
Er mahnte außerdem einen europäischen Schulterschluss bei der Stärkung der Rolle von Künstlicher Intelligenz in der europäischen Wirtschaft an.
Europa müsse sich weiterentwickeln und schneller werden. Daher sei es auch wichtig, in mehr Bereichen Mehrheitsentscheide zu erlauben anstatt auf Einstimmigkeit zu beharren, wie beispielsweise bei Steuerfragen.
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February 08, 2019 12:00 ET (17:00 GMT)
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