BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Wirtschaft hat für den Fall eines harten Brexit noch weitergehende Regelungen verlangt, als sie die Regierung derzeit plant. So müssten in dem Brexit-Steuerbegleitgesetz vorgesehene Übergangsbestimmungen "auch das Neugeschäft abdecken", forderte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Deutschen Aktieninstitut für eine Anhörung zu den Gesetzesplänen der Regierung im Bundestags-Finanzausschuss.
Zwar sollten im Vereinigten Königreich ansässige Banken und Finanzdienstleister nach den Plänen über einen Zeitraum von 21 Monaten nach dem Brexit im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen können. Die Finanzaufsicht Bafin solle entsprechende zeitlich limitierte Anordnungen erlassen können - hiervon seien jedoch bislang nur vor dem Brexit abgeschlossene Verträge und direkt verbundenes Geschäft, aber kein Neugeschäft erfasst.
"Damit können britische Finanzdienstleister bei einem harten Brexit keine neuen Finanzdienstleistungen gegenüber ihren deutschen Kunden erbringen", warnten DIHK und Aktieninstitut. Diese Regelung greife zu kurz, denn die Verlagerung von Neu- und Bestandsgeschäft insbesondere im Derivatebereich stelle deutsche Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Es sei "nahezu ausgeschlossen, dass sie den Abschluss von jeglichem Neugeschäft rechtzeitig auf in der EU27 ansässige Finanzdienstleister umstellen können".
Die deutsche Kreditwirtschaft plädierte mit Blick auf die der Bafin eingeräumten Befugnisse zur Sicherstellung der Vertragskontinuität ihrerseits für die Einführung einer "begrenzten Verlängerungsmöglichkeit", da nicht abzusehen sei, "wie sich der Austritt vollziehen wird und ob nicht gegebenenfalls zumindest in bestimmten Sonderkonstellationen eine über diesen Zeitraum reichende längerfristige Anpassungsphase erforderlich werden könnte".
Die Gewerkschaften warnten in der Anhörung unterdessen davor, den Kündigungsschutz für bestimmte Spitzenbanker anzutasten, um eine Ansiedlung am deutschen Finanzplatz zu erleichtern. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete diesen Vorschlag als "verfassungsrechtlich bedenklich, finanzpolitisch überflüssig, sozialpolitisch schädlich und damit insgesamt nicht zu rechtfertigen". Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi schloss sich den Argumenten des DGB an.
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February 11, 2019 08:01 ET (13:01 GMT)
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