HANNOVER (Dow Jones)--Der weltgrößte Touristikkonzern Tui erntet auf seiner Hauptversammlung in Hannover Kritik für die überraschende Senkung seiner Prognose in der vergangene Woche, aber auch Lob für den Konzernumbau in den vergangenen Jahren. Von der Insolvenz der Fluggesellschaft Germania könnte Tui profitieren.
Noch Anfang Januar hatte Konzernchef Friedrich Joussen die Wachstumsziele in einem Zeitungsinterview bestätigt - doch am 6. Februar kassierte der Konzern dann den bis dahin gültigen Ausblick, wonach das bereinigte EBITA um mindestens 10 Prozent steigen sollte. Nach einem Blick auf die aktuelle Buchungslage für den Sommer soll die Kennziffer jetzt nur noch weitgehend auf Vorjahresniveau bei rund 1,2 Milliarden Euro liegen. Das war allerdings ein Rekord in der Unternehmensgeschichte gewesen.
"Das war ein Schlag ins Kontor", sagte auf der Hauptversammlung Hans-Martin Buhlmann von Union Investment mit Blick auf den folgenden Kurseinbruch der Aktie. Und Alexander von Vietinghoff-Scheel von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) sprach angesichts des Überraschungseffektes von einem "Lapsus" in der ansonsten guten Kommunikation zwischen Management und Aktionären.
Die mittelfristige Prognose eines operativen Gewinnwachstums von 10 Prozent hatte Tui auch für das kommende Geschäftsjahr kassiert. Zu den weiteren Aussichten wollte sich Konzernchef Friedrich Joussen angesichts der Entwicklungen in der Branche nicht äußern. Tui sieht sich allerdings "in einer sehr starken Position, um von der anstehenden Konsolidierung zu profitieren". Joussen betonte, dass Tui solide dastehe, da der Konzern nicht schrumpfe, sondern ein Rekordergebnis wiederhole.
Zu der Insolvenz der deutschen Billigfluggesellschaft Germania sagte Joussen, diese habe bei Tui im Veranstaltungsgeschäft Kosten in der Größenordnung von 1 Million Euro verursacht. Tui verzeichnete allerdings seitdem auch anziehende Preise und habe nun beispielsweise am Flughafen Nürnberg, von dem Tui-Kunden bislang mit Germania abflogen, nun eine eigene Maschinen stehen. "Wir sehen mehr Chancen als Risiken", sagte Joussen.
Die Frage, ob Tui es dem britischen Konkurrent Thomas Cook gleichtun und das Airlinegeschäft auf den Prüfstand stellen könne, verneinte der Konzernchef. "Wir stehen zu unseren Fluggesellschaften. Unsere Fluglinien sind durchfinanziert." Ein Konzern wie Tui brauche ein eigenes Airlinegeschäft, bekräftigte er frühere Aussagen.
Der Rückkauf der Sparte Destination Management von der spanischen Hotelbeds Group habe sich für Tui finanziell gelohnt. Die komplette Hotelbeds Groups gehörte bis 2016 zu dem Touristikkonzern, dann verkaufte Tui die Tochter für 1,2 Milliarden Euro an Investoren. 2018 erwarb Tui dann die auf Dienstleistungen am Urlaubsort spezialisierte Sparte Destination Management für 110 Millionen Euro zurück. Der Kaufpreise habe dem Sechsfachen des operativen Gewinns belaufen - das war nur ein Drittel des Multiples beim Verkauf von Hotelsbeds.
Zum Kurseinbruch nach der Prognosesenkung sagte Joussen, er habe mit einem so großen Einbruch nicht gerechnet. Fundamental habe sich aber nichts verändert, deshalb gehe er davon aus, dass sich die Aktie wieder erhole. Die Tui-Aktie hatte am vergangenen Donnerstag zweistellig verloren und gab am Dienstag weitere 3,3 Prozent ab.
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February 12, 2019 08:50 ET (13:50 GMT)
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