BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesrat hat sich für die Wiedereinführung der Meisterpflicht in bestimmten Branchen ausgesprochen und damit Druck auf die Bundesregierung ausgeübt.
Mit dem verpflichtenden Meisterbrief sollen die Attraktivität der Handwerksberufe gesteigert und Betriebe zum Ausbilden motiviert werden. Nun liegt es an der Bundesregierung zu entscheiden, ob sie der Aufforderung nachkommt. Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, sicherte eine wohlwollende Prüfung zu.
Die Forderungen kommen, nachdem 2004 für 53 Handwerksberufe die Meisterpflicht abgeschafft worden war. Handwerksverbände beklagen seit Jahren, dass der Wegfall der Meisterpflicht in bestimmten Branchen das ohnehin bestehende Problem des Fachkräftemangels verschärft hat.
Bayern hatte den Entschließungsantrag in den Bundesrat einbracht. Der Freistaat erhofft sich von der Wiedereinführung der Meisterpflicht eine Attraktivitätssteigerung für die Handwerksberufe und mehr Ausbildungen.
Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte, seit dem Wegfall der Meisterpflicht beispielsweise bei Fliesenlegern seien viele neue Ein-Mann-Betreibe gegründet worden, die nicht ausbildeten und nach Pfusch am Bau schnell auch den Betrieb wieder auflösten. Daher solle man den Fehler korrigieren und den verpflichtenden Meisterbrief wieder einführen.
"Es tut der Wirtschaft gut, es tut dem Verbraucher tut, es tut der Ausbildung gut, es tut unserem Land gut, wenn wir den bewährten Meister wieder stärken", sagte Aiwanger im Bundesrat.
Meisterbrief als "Gütesiegel" für Qualität
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßte den Vorstoß und lobte ihn als klares Signal zur Sicherung und zum Ausbau des Qualifizierungssystems im Handwerk.
"Das Meisterbrieferfordernis ist Garant für effektiven Verbraucherschutz, erfolgreiches Unternehmertum und nachhaltige Fachkräftesicherung", sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. "Jetzt ist die Bundesregierung gefordert, möglichst bald einen Gesetzesentwurf vorzulegen."
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) hält die Wiedereinführung der Privilegien, die deutsche Handwerksbetriebe vor billigerer ausländischer Konkurrenz schützt, für "überfällig".
"Es besteht kein Zweifel daran, dass die Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004 in einigen Berufen zu dramatischen Fehlentwicklungen geführt hat", sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa im Vorfeld der Abstimmung. "Ohne Meisterbetriebe gibt es...keine Ausbildung - mit fatalen Folgen für die Fachkräftesicherung."
Für ihn stellt der Meisterbrief, der in seinen Ursprüngen zurückgeht auf die mittelalterlichen Zunftordnungen, auch ein Gütesiegel dar. Es sichere den Verbrauchern gegenüber illegaler Konkurrenz Qualität zu.
Die Forderungen werden auch vom Wirtschaftsflügel der Union und auch von Teilen der SPD unterstützt. Auch im Koalitionsvertrag hatte man sich auf eine Überprüfung der Auswirkungen geeinigt.
So hat sich seit der Abschaffung der Meisterpflicht zwar beispielsweise die Zahl der Fliesenleger und Raumausstatter mehr als verdoppelt, da die juristischen Hürden für die Selbständigkeit abgebaut worden waren. Aber im Gegenzug ging die Zahl der Auszubildenden in diesen Berufen deutlich stärker zurück als etwa bei den Meisterberufen Bäcker und Fleischer.
Der parlamentarische Staatssekretär Bareiß sicherte eine ausführliche Prüfung der Situation des betroffenen Handwerks und der rechtlichen Vorgaben in Deutschland und der EU für eine Wiedereinführung des verpflichtenden Meisterbriefs zu.
"Wenn etwas rechtlich zulässig und möglich ist, wird die Bundesregierung den Weg dazu auch ebnen", sagte der CDU-Politiker Bareiß im Bundestag. "Die Bundesregierung wird die Interessen des Handwerks und der Verbraucher entsprechend wahren."
In der Vergangenheit war das Bundeswirtschaftsministerium allerdings deutlich skeptischer gegenüber der Wiedereinführung der Meisterpflicht gewesen. Anders als manche Handwerksverbände ist das Ministerium davon überzeugt, dass der Zugang zum Meisterbrief den Fachkräftemangel nicht mildern, sondern verschärfen würde. Es verweist auf die höhere Zahl an freien Stellen in den Berufen, die einer Meisterpflicht unterliegen, wie beispielsweise bei Klempnern, Installateuren und Heizungsbauern.
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February 15, 2019 07:36 ET (12:36 GMT)
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