Vor der entscheidenden Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst haben die Gewerkschaften harsche Kritik an den Arbeitgebern geübt. "Was bis jetzt von der Arbeitgeberseite gekommen ist, verdient die Note ungenügend", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske am Mittwoch bei einer Kundgebung in Bremen vor Tausenden Teilnehmern.
Die Länder erwirtschafteten seit 2015 hohe Überschüsse - 2017 10,5 Milliarden und im vergangenen Jahr 15,7 Milliarden Euro. "Die Finanzlage der Länder ist so gut wie noch nie", sagte Bsirske. "Wann, wenn nicht jetzt" sei die Zeit, den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen.
An diesem Donnerstag gehen die Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) in Potsdam in die dritte und womöglich entscheidende Verhandlungsrunde. Die Gewerkschaften fordern für die rund eine Million Tarifbeschäftigten der Länder außer Hessen unter anderem sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat. Der Abschluss solle zudem auf rund 2,3 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger übertragen werden.
Der Chef des dbb Beamtenbund und Tarifunion, Ulrich Silberbach, warf den Länder-Finanzministern im "Handelsblatt" (Donnerstag) vor, bei der Werbung um dringend benötigte Fachkräfte nach dem Vorbild Bayerns vor allem auf außertarifliche Zulagen zu setzen. "Das ist keine verantwortungsvolle Tarifpolitik." Zudem versuchten die Arbeitgeber, Tätigkeitsmerkmale künstlich kleinzurechnen, um Beschäftigte unter Umständen sogar in einer niedrigeren Gehaltsgruppe als bisher einstufen zu können.
Dennoch erwartet Silberbach einen Abschluss am Wochenende. Dem Berliner Radiosender 105'5 Spreeradio sagte er: "Ich glaube, dass wir eine Lösung am Verhandlungstisch hinbekommen."
Bundesweit setzten Mitarbeiter ihre Proteste und Warnstreiks fort. So gingen Tausende Landesbeschäftigte in Schwerin für mehr Geld auf die Straße. In Berlin legten zahlreiche Erzieher und Lehrer am zweiten Tag nacheinander ihre Arbeit nieder. In Niedersachsen kam es teils zu Verkehrsbehinderungen - etwa im ostfriesischen Leer, wo eine zentrale Brücke über die Ems hochgeklappt blieb, weil Brückenwärter sich an den Arbeitsniederlegungen beteiligen. Am Universitätsklinikum Frankfurt beteiligten sich 200 bis 250 Mitarbeiter an einem Warnstreik. Auch der Betrieb an den Unikliniken in Bayern war am Mittwoch erneut durch die Warnstreiks im öffentlichen Dienst stark eingeschränkt./bw/DP/he
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