Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--"Anomale Preisentwicklungen", die seit der Finanzkrise an den Märkten zu beobachten sind, können nach Aussage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) positiv beurteilt werden. BIZ-Chefvolkswirt Claudio Borio verweist in einer Veröffentlichung zum aktuellen Quartalsbericht unter anderem auf die Verletzung der gedeckten Zinsparität, die sich in der Ausweitung der Basis von Währungsswaps niederschlägt. Borio erklärt solche widersprüchlichen Preisentwicklungen mit einem Verhalten von Finanzinstituten um Berichtstermine herum, das auf ein höheres Risikobewusstsein hindeutet.
Nicht normal sind laut Borio auch die deutlich stärkeren Ausschläge bei Zinsen und Spreads gegen Quartals- bzw. Jahresende und die Zinssätze für unbesicherte Tagesgeldgeschäfte zwischen privaten Marktteilnehmern, die unter den risikofreien Zinssätzen von Einlagefazilitäten der Zentralbanken liegen.
Hauptgrund dieser Preisschwankungen ist laut Borio, dass Finanzinstitute rund um die Berichtstermine Positionen auflösen und ihre Bilanzen verkleinern. "Die Preisschwankungen an sich sind also rein technischer Natur, auch wenn sie auf ein gewisses Maß an unerwünschter Bilanzkosmetik hindeuten", schreibt Borio.
Auf den zweiten Blick stecke aber mehr dahinter: "Bei genauerer Betrachtung deuten die scheinbaren Anomalien darauf hin, dass die Finanzinstitute den Risiken, die mit dem Ausnutzen ihrer Bilanzkapazität verbunden sind, nun stärker Rechnung tragen - eine Praxis, für die unter anderem die Regulierung die Weichen gestellt hat"
Laut Borio sehen die Finanzinstitute ihre Bilanzen nicht mehr als frei verfügbare Ressource an. "Sie sind sich bewusst, dass diese einen Preis hat. Das Ausnutzen der Bilanzkapazität mit derselben Unbekümmertheit wie früher ist nicht mehr möglich", so der BIZ-Chefvolkswirt. Dies sei eine gesunde Entwicklung.
Nach Borios Aussage bedeutet sie, dass das aggressive Eingehen von Risiken und die übermäßige Verschuldung, die einem plötzlichen Versiegen der Liquidität tendenziell vorausgehen, zwar immer noch eine Gefahr darstellen, aber im Vergleich zu vorher weniger wahrscheinlich oder zumindest weniger ausgeprägt sind. Außerdem bedeute diese Entwicklung, dass die Finanzinstitute für den Fall, dass die Marktliquidität knapp wird, besser aufgestellt seien, um die Folgen zu verkraften.
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March 05, 2019 12:00 ET (17:00 GMT)
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