
6. März 2019 FRANKFURT. Vor allem die Profis bleiben skeptisch, was die Aussichten für Anleger auf der Long-Seite in der Analyse Goldbergs klar verbessert.
Die globalen Aktienmärkte scheinen derzeit vom Prinzip Hoffnung zu leben. Obgleich die ganz großen Fortschritte bei den für die Finanzmärkte wichtigen politischen
Themen bislang ausgeblieben sind. Zwar hieß es noch zu Anfang der Woche, die USA und China stünden angeblich kurz vor Abschluss eines Abkommens zur Lösung des
Handelsstreits. Natürlich, so war zu vernehmen, würden Hürden bleiben. Und keiner weiß so recht, wie hoch diese tatsächlich sind. Immerhin: Es mag auch den
Börsianern gereicht haben, dass trotz aller Vorbehalte die Gespräche soweit fortgeschritten zu sein scheinen, dass in der letzten März-Woche eine formale
Übereinkunft zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping im Rahmen eines Gipfels erreicht werden könnte. Aber auch beim
Brexit gibt es bei den Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU bislang keinen Durchbruch zu vermelden. Dennoch sind die Marktbeobachter sehr
zuversichtlich, dass zumindest das Austrittsdatum um einige Monate verschoben werden kann. Oder lebt der europäische Aktienmarkt davon, dass die Europäische
Zentralbank nach Ansicht vieler Marktteilnehmer in diesem Jahr die Leitzinsen nicht mehr erhöhen wird?
Obgleich der DAX im Wochenvergleich nun bereits das dritte Mal hintereinander ein Plus vorweist und in der Punktbetrachtung um 1,1 Prozent zugelegt hat, scheinen
die mittelfristig orientierten institutionellen Investoren, die wir allwöchentlich befragen, den Kursanstiegen des DAX zunehmend zu misstrauen. Denn unser Börse
Frankfurt Sentiment-Index ist um 14 Punkte auf einen Stand von -7 Punkte gefallen. Waren es am vergangenen Mittwoch noch vornehmlich neutral eingestellte Akteure,
die das Bärenlager gesäumt hatten, sind es nunmehr die Bullen, deren Reihen sich um fast ein Viertel gelichtet haben. Dabei standen bei etwas mehr als der Hälfte
dieser Wechselwilligen Gewinnmitnahmen im Vordergrund, während sich 40 Prozent der Betroffenen direkt auf die Seite der Pessimisten schlugen.
Zwei Meinungen
Aber auch der Börse Frankfurt Sentiment-Index der Privatanleger hat sich etwas verringert, aber längst nicht in einer Größenordnung wie bei den institutionellen
Pendants. Wir notieren heute einen Rückgang des Index um zwei Punkte auf einen neuen Stand von +10 Punkte und führen diesen Rückgang auf Gewinnmitnahmen in ganz
geringem Umfang zurück.
Mit den heutigen Ergebnissen ist zwischen privaten und institutionellen Investoren wieder eine größere Stimmungskluft entstanden - es scheint zwei Meinungen zu
geben. Dabei ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet die Privatanleger trotz der nun aufgelaufenen Buchgewinne kaum als Abgeber tätig sind. Ein Grund dafür mag
vielleicht in der Größenordnung der zu Grunde liegenden Engagements liegen, die möglicherweise nicht allzu hoch sind. Während die Privatanleger also auf noch
höhere DAX-Stände setzen, zeigen sich die institutionellen Investoren viel skeptischer - nur einmal in diesem Jahr war dieses Gruppe bislang noch pessimistischer
als heute eingestellt.
Auffällig ist dabei auch, dass der DAX trotz dieser dem gefallenen Sentiment geschuldeten Aktienverkäufe auf Wochensicht noch gestiegen ist. Möglicherweise
begünstigt durch langfristige Kapitalzuflüsse auf der anderen Seite. Aber nicht nur diese Zuflüsse, die das Börsenbarometer schon seit einigen Wochen stützen
dürften, sind für den DAX günstig. Tatsächlich dürften die Skeptiker von heute womöglich bereits nach einem kleineren Rücksetzer des DAX (11.350/11.400?) wieder
als Nachfrager auftreten und den DAX somit stabilisieren. Und sollte der DAX aus irgendwelchen Gründen seiner derzeit überschaubaren Aufwärtsbewegung etwas mehr
Momentum verleihen, müssten die Pessimisten von heute dem Markt hinterherrennen und würden so womöglich für eine veritable Short-squeeze sorgen. Anders
ausgedrückt: Der DAX befindet sich, trotz der eingangs genannten argumentativen Vorbehalte, in gesundem Zustand.
6. März 2019, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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