20. März 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die hiesigen Profis halten sich
weiter zurück, während die privaten Anleger ein deutlich freundlicheres
Stimmungsbild abgeben, wenn auch teilweise gezwungen. Aus Überzeugung kaufen
aber scheinbar andere.
Auch in der vergangenen Woche hat der DAX wieder einmal deutlich zugelegt
und ist seit der letzten Stimmungserhebung um 1,7 Prozent (in der
Punktbetrachtung) gestiegen. Dennoch gelten europäische Aktien derzeit bei
internationalen Fondsmanagern als unpopulärste Anlageklasse. Dies ergab
zumindest die gestern publizierte Umfrage von BofA Merrill Lynch unter
Investoren in der Woche per 14. März. Und das, obwohl etwa der
breitgestreute Stoxx Europe 600 Index seit den Tiefstständen vom vergangenen
Dezember zwischenzeitlich 17 Prozent an Wert gewonnen hat. Aber Aktien
insgesamt sind bei den Fondsmanagern derzeit nicht beliebt - nur netto 3
Prozent (das ist der Saldo aus positiven und negativen Antworten) der
Befragten sind überhaupt in Aktien übergewichtet, was dem niedrigsten Stand
seit September 2016 entspricht. Dabei hat sich die Angst vor einer globalen
Wachstumsabschwächung gegenüber dem Vormonat deutlich verringert.
Und so hat es fast schon etwas von einem Conundrum, einem schwer lösbaren
Rätsel, wenn trotz dieser massiven Aversion gegen Aktien selbst der DAX
weiter nachgefragt ist. Denn auch die von uns wöchentlich befragten
institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont sind bei
unserer heutigen Erhebung nicht gerade als überzeugte Aktienkäufer
aufgetreten: Der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist nämlich gegenüber der
Vorwoche um zwei Punkte auf einen Stand von -2 Punkte gefallen. Zwar ist das
Lager der Optimisten etwas angewachsen, aber da sich die Gruppe der
Pessimisten noch stärker erhöht hat, notieren wir unter dem Strich eben
diesen leichten Pessimismus. Immerhin haben die institutionellen Investoren
klare, wenn auch widerstreitende Ansichten, zumal die Gruppe der neutral
eingestellten Akteure auf den niedrigsten Stand dieses Jahres gefallen ist.
Damit wird gleichermaßen erkennbar, dass der Zuwachs des DAX die Optimisten
der Vorwoche - vorübergehend hatte das Börsenbarometer immerhin um 2,7
Prozent zugelegt - nur in geringem Maße zu Gewinnmitnahmen gereizt hat.
Stimmungskluft deutlich verringert
Eine völlig gegenläufige Entwicklung stellen wir bei den Privatanlegern
fest. Dort hat es nämlich so etwas wie eine kleine Kapitulation vormals
bearish eingestellter Akteure gegeben, so dass unser Börse Frankfurt
Sentiment-Index in diesem Panel um 15 Punkte auf einen Stand von +20 Punkten
gestiegen ist. Gleichzeitig hat der Optimismus bei den privaten Investoren
ein neues, wenn auch marginal höheres Jahreshoch erreicht.
Per Saldo hat sich also die Stimmungskluft zwischen institutionellen und
privaten Investoren wieder deutlich vergrößert, wobei sich die relativ
schlechte Stimmung der institutionellen Anleger hierzulande kaum von der der
internationalen Investoren abhebt. Und man muss sich tatsächlich die Frage
stellen, wie es sein kann, dass sich der DAX dennoch bis gestern in so
prächtiger Verfassung präsentierte, wo doch oben genannte Fondsmanager-
Umfrage auch noch eine Untergewichtung von per Saldo 8 Prozent der Fonds in
Aktien der Eurozone zu Tage förderte (nach einer Übergewichtung von 5
Prozent im Vormonat!). Insofern gibt die heutige Erhebung einen Hinweis
darauf, dass sich hinter dem deutlichen DAX-Anstieg zwar keine starke
ausländische, sondern höchstwahrscheinlich in erster Linie eine langfristige
heimische Nachfrage verbirgt.
Mit der heutigen Umfrage bleibt das Sentiment-technische Umfeld für den DAX
nach wie vor günstig. Denn gerade nach der guten Performance der vergangenen
acht Handelstage dürften genügend Nachfrager zur Verfügung stehen, sollte es
beim DAX einen größeren Rücksetzer geben. Zumal der Pessimismus der
institutionellen Anleger in der relativen Sechs-Monatsbetrachtung deutlich
höher liegt, als dies ein Sentiment-Index von -2 Punkte vermittelt. Der
größte positive Schub für das Börsenbarometer könnte allerdings dann
entstehen, wenn internationale Investoren und heimische Pessimisten
plötzlich zu der Überzeugung gelangen, dass europäische Aktien auch im
internationalen Vergleich gar nicht so schlecht aussehen. Damit ist die
Wahrscheinlichkeit einer kräftigen Short-squeeze jedenfalls deutlich
gestiegen.
20. März 2019, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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