Auf ihrer Jahresanfangssitzung setzt die Fed ihre Kehrtwende fort. Mit gesenkten Konjunkturprojektionen und taubenhafter Rhetorik signalisieren die amerikanischen Notenbanker nicht nur das Ende des US-Zinserhöhungszyklus, sondern öffnen sogar die Tür für Zinssenkungen. Ihre neue Entspannungspolitik untermauert die Fed ebenso mit dem Ende des Liquiditätsabbaus im September. Um mit dieser Neuausrichtung keine Irritationen, wenn nicht sogar Panik an den Real- und Finanzmärkten auszulösen, blieb Fed-Chef Powell bei seiner Wortwahl einer "geduldigen" Geldpolitik.
De facto ist die US-Zinserhöhungsphase vorbei
Nachdem die Fed bislang noch zwei Zinserhöhungen für 2019 plante, spricht sie aktuell von gleichbleibenden Leitzinsen von 2,5 Prozent. 2020 stellt sie unverändert eine Zinssteigerung in Aussicht, bevor 2021 der Erhöhungszyklus bei einem Leitzins von dann 2,75 Prozent zum Stillstand kommen soll. Diese letzte Zinserhöhung macht operativ kaum einen Unterschied, doch kann die Fed so ihre Stabilitätsausrichtung und Glaubwürdigkeit dokumentieren. Bis nächstes Jahr wird ohnehin noch viel Wasser den Potomac River am Fed-Verwaltungssitz in Washington hinunterlaufen und im Bedarfsfall diese eine Zinserhöhung nicht nur zurückgenommen. Tatsächlich wird an den Finanzmärkten eine Zinssenkung bereits im Januar 2020 mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 50 Prozent erwartet.
Aus einer überhitzten kann schnell eine unterkühlte US-Konjunktur werden
Die US-Notenbanker sind der Meinung, dass ihre bislang neun Zinserhöhungen eine Überhitzung der Konjunktur verhindert haben, doch bei weiteren Zinsrestriktionen eine zu starke Abkühlung droht. Hierzu verweist die Fed auf ihre gesenkten Wachstumsprojektionen: 2,1 statt 2,3 Prozent im Jahr 2019; 1,9 statt 2,0 Prozent in 2020 und 2021 unverändert 1,8 Prozent. Grundsätzlich lässt der Schub der Steuersenkungen nach und ist der handelspolitische Gegenwind für die US- und Weltkonjunktur unverändert stark. Abzulesen ist die Eintrübung an einer weiter verlierenden US-Industriestimmung.
Darüber hinaus findet der seit August 2018 im Trend abwärts gerichtete Optimismus-Index der amerikanischen Kleinunternehmen seinen Niederschlag in einer zurückfallenden Investitionsplanung.
Setzen steigende Ölpreise die Fed unter inflationären Zugzwang?
Die Fed sieht über den zuletzt gestiegenen Preisdruck bei Energierohstoffen als klassischem Inflationstreiber hinweg. Zwar nähren die Ölförderkürzungen der "Opec+" (Opec-Staaten plus Russland) Ängste vor einer globalen Angebotslücke mit dem Risiko weiter steigender Preise.
Allerdings sind die Risse in diesem Zweckbündnis unverkennbar, da Russland seinen Kürzungsanteil nur zu knapp 40 Prozent erfüllt und damit Verknappungen vor allem von Saudi-Arabien getragen werden müssten, dem so empfindliche Marktanteilsverluste drohen. Auch steht Russland einer potenziellen Verlängerung der Kürzungen bis Ende 2019 bereits im April skeptisch gegenüber, so dass eine Entscheidung auf Juni vertagt wurde. Doch selbst wenn es hierzu käme, bleibt die "natürliche Ölpreisbremse" Fracking aus den USA und Kanada intakt. Die Förderung von Fracking-Öl wird mit steigenden Opec-Ölnotierungen zunehmend attraktiver. Tatsächlich wurden die zu Jahresbeginn markanten Produktionseinschränkungen bereits schrittweise zurückgefahren. Auch werden wegen der immer besseren Logistik in den USA die technischen Hindernisse des weltweiten Verkaufs beseitigt.
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