Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat vor den schädlichen Auswirkungen der Marktmacht sehr produktiver und innovativer Großunternehmen gewarnt. In einem Kapitel seines Weltwirtschaftsausblicks schreibt der IWF: "Obwohl die makroökonomischen Auswirkungen bisher moderat sind, könnte ein weiterer Anstieg der Marktmacht dieser schon jetzt mächtigen Unternehmen die Investitionen schwächen, die Innovation beeinträchtigen, die Lohnquote reduzieren und die Fähigkeit der Geldpolitik einschränken, den Output zu stabilisieren."
Der IWF nennt in seinem Aufsatz keine Namen, es wird aber ersichtlich, dass es im Wesentlichen um Technologieunternehmen geht. Laut IWF lassen sich bestimmte beunruhigende makroökonomische Trends in den Industrieländern auf die wachsende Marktmacht von "Unternehmensgiganten" zurückführen:
1. Schwache Investitionen trotz fallender Kreditkosten und steigender erwarteter Gewinne aus diesen Investitionen
2. Zunehmende Entkopplung zwischen der im Wesentlichen stabilen Rendite auf eingesetztes Produktivkapital und der sinkenden Rendite aus sicheren Anlagen wie Staatsanleihen und den Anleihen der gesündesten Unternehmen
3. Ein zunehmender Unterschied zwischen Finanz- und Produktivvermögen
4. Fallende Lohnquoten und zunehmende Einkommensungleichheit
5. Rückgang des Produktivitätswachstums
Der IWF weist darauf hin, dass für die oben genannten Phänomene teilweise schon andere Ursachen vorgeschlagen worden sind, dass aber im Unterschied zu diesen die gewachsene Marktmacht sehr großer Unternehmen alle von ihnen erklären kann.
"Es ist zu erwarten, dass eine zunehmende Marktmacht Unternehmen dazu bringt, weniger Kapital als optimal zu investieren, was das Produktivitätswachstum beeinträchtigen würde, ohne zwingend zu einer niedrigeren Rendite auf das eingesetzte Kapital zu führen, auch wenn die Rendite sicherer Ablagen abnimmt", kalkuliert der IWF.
Parallel dazu würde laut IWF der Wert der Unternehmensbeteiligung schneller als der Wert des Produktivkapitals wachsen und der Anteil der Arbeitseinkommen am Gesamteinkommen würde automatisch zurückgehen.
Laut IWF sollte die Marktmacht eines Unternehmens anhand des Verhältnisses seiner Güterpreise zu den marginalen Kosten ihrer Herstellung gemessen werden. In den Jahren 2000 bis 2015 ist dieser Quotient in den Industrieländern um knapp 8 Prozent gestiegen, was mit steigenden Gewinnen und einer zunehmenden Konzentration einherging. Der IWF spricht bei einem Anstieg von "markup". In den Schwellenländern blieb er dagegen weitgehend unverändert.
Besonders ausgeprägt fielen die markups in den USA aus, sie traten außerdem fast nur außerhalb des verarbeitenden Sektors auf. Ohne diesen Anstieg wäre die Produktion in den Industrieländern heute um 1 Prozent höher. Die geringere Investitionsneigung dieser Unternehmen hat laut IWF auch zum Rückgang des neutralen Gleichgewichtszinses beigetragen. Zu dem seit 2000 beobachteten Rückgang der Lohnquote hat die gestiegene Marktmacht dieser Unternehmen laut IWF 10 Prozent beigetragen.
Der IWF rät den Regierungen vor diesem Hintergrund unter anderem, für eine starke Wettbewerbsgesetzgebung zu sorgen und einen leichten Zugang zu Dienstleistungsmärkten zu gewährleisten, und Außenhandel sowie Direktinvestitionen zu liberalisieren.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/sha
(END) Dow Jones Newswires
April 03, 2019 10:00 ET (14:00 GMT)
Copyright (c) 2019 Dow Jones & Company, Inc.