Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft trüben sich nach Einschätzung der Volkswirte der Commerzbank immer mehr ein. Für das laufende Jahr sei nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent zu rechnen, sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer am Freitag in Frankfurt. Das wäre das schwächste Wachstum seit der schweren Rezession im Jahr 2009, als die Wirtschaft stark schrumpfte.
Ausschlaggebend für die trübe Prognose sei der Außenhandel. Den zuletzt schwachen Auftragseingang in der deutschen Industrie bezeichnete Krämer als "Schocker". Zurzeit entwickelten sich die Industrieaufträge so schwach wie es normalerweise vor "milden Rezessionen" üblich sei. Eine Rezession erwartet Krämer aber nicht. "Die Binnennachfrage ist robust, und die chinesische Wirtschaft dürfte sich erholen, was wiederum die China-Exporte wiederbeleben wird."
Hauptgrund für den schwachen deutschen Außenhandel sei die Konjunkturschwäche in China. "Die deutsche Industrie steht und fällt mit China", sagte Krämer. Eindrücklich belegte er seine Aussage mit der starken Abhängigkeit der deutschen Exporte von der Entwicklung des chinesischen Immobilienmarkts: Steigen in China die Immobilienpreise, so wie derzeit wieder, zieht mit einiger Verzögerung auch der deutsche China-Export wieder an.
Für den Euroraum insgesamt prognostiziert die Commerzbank ein Wachstum von 0,9 Prozent in diesem Jahr. Das wäre der schwächste Wert seit dem Jahr 2013. Angesichts dieser Entwicklung dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik länger locker halten als bisher gedacht. "Wir erwarten, dass die EZB im Herbst signalisieren wird, dass sie die Leitzinsen bis Ende 2020 auf dem derzeitigen Niveau hält", sagte Chefökonom Krämer. Zurzeit verspricht die Notenbank eine Fortsetzung ihrer Niedrigzinspolitik bis mindestens Ende dieses Jahres./bgf/jkr/mis
AXC0116 2019-04-05/11:50