BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zugesichert, dass mit der Errichtung der umstrittenen russisch-deutschen Gaspipline Nord Stream 2 die Ukraine weiter Transitland für Gaslieferung bleiben werde.
Bei seinem Besuch in Berlin hatte Poroschenko zuvor seine Ablehnung gegenüber der Gasröhre bekräftigt. Denn mit dieser soll Gas unter Umgehung der Ukraine und Polen direkt von Russland nach Deutschland geliefert werden.
"Wir haben das gemeinsame Ziel in dieser Sache, dass die Ukraine Gastransitland bleibt", sagte Merkel am Freitag in Berlin. "Das wird auch weiter so sein. Ich habe immer gegenüber dem russischen Präsidenten deutlich gemacht, dass Nord Stream 2 für mich trotzdem heißt, dass die Ukraine Transitland bleibt." Die strategische Partnerschaft zwischen Berlin und Kiew könne diese Meinungsverschiedenheit aushalten.
Poroschenko betonte, dass die Ukraine bei der Gaspipeline nach wie vor anderer Meinung sei. "Wir kämpfen weiterhin dafür, dass der Bau von Nord Stream 2 gestoppt wird. Wir schlagen den deutschen Firmen vor, das ukrainische Gastransitsystem gemeinsam zu verwalten, als Konsortium", sagte der Präsident. Auch wenn Deutschland eine bestimmte Menge an Gastransit garantieren wolle, sei er doch der Meinung, "dass man Nord Stream 2 einfach stoppen soll, weil wir das auch als Teil der Bedrohung ansehen", so Poroschenko.
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz betonten beide ansonsten Gemeinsamkeit. Merkel forderte erneut die Freilassung der von Russland festgenommenen ukrainischen Matrosen und freien Schiffsverkehr in der Meerenge zwischen Schwarzem Meer und Asowschem Meer.
Auch Poroschenko verlangte von Russland die Freilassung der Marinesoldaten.
An dem Empfang des ukrainischen Amtsinhabers im Kanzleramt rund eine Woche vor der Stichwahl um das Präsidentenamt hatte es zuvor Kritik wegen einer möglichen Wahlkampfhilfe gegeben. Anders als Merkel handhabt es beispielsweise der französische Präsident Emmanuel Macron: Er trifft in Paris am Freitag sowohl Poroschenko als auch seinen Herausforderer, den Polit-Neuling und Fernsehkomiker Wolodimir Selenski.
Im ersten Wahlgang Ende März hatte Selenski beinahe doppelt so viele Stimmen wie Poroschenko erhalten. Umfragen sehen ihn auch in der Stichwahl vorn.
Poroschenko betonte, dass es vor der Stichwahl eine Debatte zwischen ihn und seinem Herausforderer geben müsse, damit die Wähler "keine Katze im Sack kaufen" und einen "realen und keinen virtuellen Kandidaten" bekommen. In einer populären Fernsehserie verkörpert Selenski einen Präsidenten.
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April 12, 2019 09:45 ET (13:45 GMT)
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