Spendable Notenbanken und Hoffnungen auf eine Lösung im Zollstreit zwischen China und den USA heben die Stimmung am Aktienmarkt. Für den DAX erwarten Analysten auf kurze Sicht Ausschläge in beide Richtungen.
15. April 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach der Fristverlängerung für den EU-Austritt der Briten, Berichten über gute Fortschritte im Handelspoker zwischen den USA und China sowie Signalen der Federal Reserve und Europäischen Zentralbank, Zinserhöhungen auf die lange Bank zu schieben, geben sich Investoren wieder risikofreudiger. Am Freitag schloss der deutsche Aktienindex 0,5 Prozent im Plus und verabschiedete sich knapp unterhalb von 12.000 Punkten aus dem Handel. Montagmorgen geht es gut 10 Punkte darüber nahezu unverändert weiter.
Themen wie nach unten korrigierte Wachstumsperspektiven für die globale Konjunktur durch den Internationalen Währungsfonds scheinen derzeit eher nebensächlich. 2019 soll die Weltwirtschaft demnach nur noch 3,3 Prozent und damit um 0,2 Prozent schwächer ansteigen als bislang angenommen. Ebenso wenig verlieren Anleger angesichts der Wiederaufnahme von Zolldiskussionen zwischen den USA und Europa die Fassung. Im Gespräch sind die Erhebung neuer Einfuhrgebühren gegen die EU im Volumen von 11 Milliarden US-Dollar, die mit Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus begründet werden. Sollte Trump ernst machen, plant die EU Gegenmaßnahmen.
Chris-Oliver Schickentanz sieht in der Diskussion keine neue Eskalation im Handelskrieg zwischen den beiden Wirtschaftsräumen. Mit der Frage, ob die Europäer unerlaubt ihren Flugzeugbauer subventionieren, habe sich die WTO bereits seit 2004 beschäftigt und Ende vergangenen Jahres zugunsten der USA entschieden. "Die jetzt verhängten Strafzölle sind im WTO-Regime also völlig rechtens und Teil der normalen Handelspolitik eines Landes", befindet der Commerzbank-Analyst. Neu seien hingegen die möglichen Strafzölle gegen hiesige Autobauer, über die Donald Trump voraussichtlich Mitte Mai entscheiden werde.
Böse Überraschungen unwahrscheinlich
Von der derzeit an Fahrt aufnehmenden Zwischenberichtssaison erwartet Markus Reinwand kaum neue Kaufimpulse für US-Aktien. In den vergangenen Monaten seien die Gewinnschätzungen deutlich reduziert worden, so dass die Messlatte nicht besonders hoch liege. "Für das erste Quartal wird ein Rückgang der Nettoergebnisse um rund 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr unterstellt, für das zweite Quartal eine Gewinnstagnation", fasst der Helaba-Analyst zusammen. Angesichts dieser verhaltenen Prognosen bräuchten Anleger kaum mit bösen Überraschungen zu rechnen.
Gewinnmitnahmen möglich
Die Positionierung institutioneller Anleger für weitere Kursanstiege in den USA könnte nach Auffassung von Robert Halver das Risiko vorübergehender Gewinnmitnahmen erhöhen, sobald sich eine Lösung etwa im Handelskonflikt der beiden Großmächte abzeichnet. Am Wochenende hat sich Mnuchin Medienberichten zufolge hoffnungsvoll gegeben und im Zollstreit mit China das Einläuten der letzten Runde in Aussicht gestellt. Der Anteil der Optimisten am US-Aktienmarkt abzüglich der Pessimisten liegt dem Baader Bank-Analysten mittlerweile oberhalb der ersten Standardabweichung und signalisiere daher kurzfristiges Konsolidierungspotenzial.
Kein leichtes Spiel für deutsche Bluechips
Für den DAX geht so mancher Analyst für die kommenden Wochen von einer schwierigen Phase mit Ausschlägen nach oben und unten aus. Der hiesige Bluechip-Index habe mit dem Anstieg von gut 13 Prozent seit Jahresbeginn bereits einiges an positiven Entwicklungen vorweggenommen. "Der Optimismus der letzten zwei Wochen scheint aktuell erschöpft", beschreibt Schickentanz. "Daher dürften weitere Avancen schwerfallen."
Reinwand vermutet hingegen Raum für weiter steigende DAX-Notierungen. Deutsche Standardaktien bewegten sich gegenwärtig in der Mitte des langfristig fairen Bewertungsbandes. Zudem deuteten vorlaufende Indikatoren wie die ZEW-Konjunkturerwartungen auf eine sichtbare Erholung. Ein weiterer Anstieg des Barometers hätte das Zeug, die wenigen Wachstumsoptimisten zu bestärken und die Pessimisten allmählich zum Umdenken zu bewegen.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Mittwoch, 17. April
4.00 Uhr. China: Bruttoinlandsprodukt erstes Quartal. Die chinesische Wirtschaft ist der DekaBank zufolge uneinheitlich in das neue Jahr gestartet. Einerseits schwächelten die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe im Januar und Februar als auch die Exporte. Gleichzeitig negierten die monatlichen Daten zur Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätzen und Anlageinvestitionen eine ausgeprägte Schwäche. Die DekaBank-Analysten gehen mit 6,3 Prozent von einem nur leicht nachgebenden Wachstum des Bruttoinlandsprodukts aus, was sich mit dem Konsens deckt. Der Anstieg der Kreditvergabe sowie die Steuersenkungen würden dafür sorgen, dass der Wert auch im weiteren Jahresverlauf nur moderat fällt.
Donnerstag, 18 April
11.00 Uhr. Euroraum: Einkaufsmanagerindizes April. Die Schwäche der europäischen Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2018 lag vor allem an der exportorientierten Industrie. Neben der Verlangsamung des Welthandels trugen laut DekaBank nationale Sonderfaktoren dazu bei. Die robuste Binnenwirtschaft habe hingegen stützend gewirkt. Bei dieser Zweiteilung bleibe es angesichts der vorläufigen Einkaufsmanagerindizes zunächst, was der spürbare Unterschied zwischen den Teilindizes der Dienstleister und Industrie verdeutliche. Eine sich abzeichnende Bodenbildung verringere die Rezessionsgefahr im Euroraum leicht.
von: Iris Merker, 15. April 2019,
© Deutsche Börse AG
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