BERLIN (Dow Jones)--Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten in einen Abschwung gerät, bleibt auf erhöhtem Niveau, liegt im April allerdings kaum über dem Wert von März. Für das Quartal von April bis Ende Juni weist der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) ein Rezessionsrisiko von 36,7 Prozent auf, gab das zur Hans-Böckler-Stiftung zählende Institut bekannt.
Im März hatte der Indikator, der die aktuellsten verfügbaren Daten über die Wirtschaftslage bündelt, noch bei 35,3 Prozent gelegen. Damit zeigt das nach dem Ampelsystem arbeitende Frühwarnsystem nach Angaben des IMK weiter auf "gelb-rot" und signalisiert damit eine Situation erhöhter konjunktureller Unsicherheit mit einer Rezessionswahrscheinlichkeit von über 30 Prozent.
Das Rezessionsrisiko beruht nach der Analyse der Ökonomen aus Düsseldorf aktuell maßgeblich auf realwirtschaftlichen Faktoren. Vor allem wirke der starke Rückgang der Industrieproduktion in der zweiten Hälfte 2018 nach, der trotz einer Stabilisierung in den vergangenen Monaten nicht wieder ausgeglichen sei. Weniger gravierend, aber ebenfalls negativ, schlügen die rückläufigen Auftragseingänge im produzierenden Gewerbe zu Buche - vor allem aus dem Ausland.
Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Index hätten sich zuletzt etwas aufgehellt, die vorausgegangene Stimmungsverschlechterung über Monate schlage sich aber noch im Indikator nieder. Positive Signale kommen laut dem gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstitut hingegen von den Finanzmärkten. Der "Finanzmarktstress", den das IMK mit einem zusätzlichen Indikator misst, ist demnach moderat und im Vergleich zum Vormonat fast unverändert. Das habe eine stärkere Eintrübung des Konjunkturindikators verhindert.
"Brexit, Donald Trumps Handelskonflikte und eine schwächere Konjunktur in China bremsen den Aufschwung der deutschen Wirtschaft deutlich. Trotzdem bleibt es ein Aufschwung, aktuell sehen wir keine akute Rezessionsgefahr", erklärte IMK-Außenhandelsexpertin Sabine Stephan. "Die weiterhin intakte Binnennachfrage verhindert bislang Schlimmeres." Der wissenschaftliche IMK-Direktor Sebastian Dullien betonte, noch sei man zwar noch nicht im Krisenmodus, die Wirtschaftspolitik "sollte aber vorbereitet sein, um schnell zu regieren, wenn es schlimmer kommt". Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht, schon jetzt Pläne für mögliche Konjunkturpakete auszuarbeiten.
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April 16, 2019 03:48 ET (07:48 GMT)
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