Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft haben sich im April überraschend wieder eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima fiel um 0,5 Punkte auf 99,2 Zähler, wie das Forschungsinstitut am Mittwoch in München mitteilte. Analysten hatten hingegen beim wichtigsten deutschen Konjunkturbarometer einen Anstieg erwartet und waren von 99,9 Punkten ausgegangen. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen für die künftigen Geschäfte wurden von den Unternehmen im April schlechter als im März bewertet. Im Februar hatte der Indexwert bei 98,7 Punkten den tiefsten Stand seit mehr als drei Jahren erreicht und war im März erstmals seit einem halben Jahr gestiegen.
Das sagen Experten zu den Ifo-Daten:
Uwe Burkert, Chefvolkswirt Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)
"Der Anstieg im März war also nur eine Eintagsfliege, der Abwärtstrend des Geschäftsklimas hält an. Weiterhin dürften externe Faktoren belasten, sprich: zunehmender internationaler Protektionismus und der Brexit. Angesichts der guten Binnenkonjunktur sind wir aber noch nicht auf Moll gestimmt für das Gesamtjahr 2019. Wenn die Risikofaktoren wegfallen, sind positive Überraschungen wieder möglich."
Patrick Boldt, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba)
"Das Stimmungsbarometer der deutschen Wirtschaft enttäuscht. Konjunkturelle Sorgen werden somit nicht gedämpft. Negativ zu werten ist zudem, dass die Erwartungskomponente gesunken ist. Eine deutliche Belebung der konjunkturellen Dynamik zeichnet sich somit zunächst nicht ab. Mittelfristig ist aber mit einer Erholung der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten zu rechnen. Darauf weist beispielsweise die ZEW-Umfrage hin."
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP-Bank
"Die Lage im deutschen Unternehmerlager ist derzeit also durchaus angespannt. Es sind vor allem die schwachen Auftragseingänge, die einen besorgten Blick hervorrufen. Ohne Neubestellungen leidet die Produktion und leider in weiterer Folge auch die Beschäftigung. Kein Wunder also, dass das Wort 'Sparprogramm' in den Unternehmenspressemitteilungen immer häufiger zu lesen ist. Doch die Hoffnung ist noch nicht begraben, die US-Wirtschaft läuft solide und auch die chinesische Volkswirtschaft kommt auf Trab. Es würde nicht mit rechten Dingen zugehen, würde Deutschland im weiteren Jahresverlauf nicht davon profitieren."
Ralph Solveen, Analyst Commerzbank
"Angesichts des neuerlichen Rückgangs des Ifo-Index spricht vieles dafür, dass die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal kaum zulegen wird; für das erste Quartal rechnen wir nur wegen eines durch die Witterung begünstigten starken Anstiegs der Bauinvestitionen mit einem Plus von etwa 0,25 Prozent. Wir gehen allerdings davon aus, dass sich dies in der zweiten Hälfte dieses Jahres ändern wird. Denn dann dürften die zahlreichen in China ergriffenen Maßnahmen zur Stimulierung der dortigen Nachfrage Wirkung zeigen und der Industrie weltweit wieder etwas mehr Rückenwind geben."
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AXC0134 2019-04-24/11:22