(mit Börsenschlusskursen)
FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Deutsche Bank
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke begründeten die Entscheidung mit "Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen, die mit einer solch großen Integration" einhergegangen wären.
Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner stellte sich hinter die Entscheidung, die am 17. März öffentlich gemachten Sondierungen zu beenden: "Die intensiven Gespräche und Analysen der vergangenen Wochen haben uns gezeigt, dass das Verhältnis von möglichen Risiken und Ertrag für unsere Investoren nicht attraktiv ist."
Reichlich Kritik gab es an der Rolle des Bundesfinanzministeriums. Seit Sommer 2018 warben Ressortchef Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, ungewöhnlich lautstark für starke deutsche Banken. Der Bund ist seit einer Rettungsaktion mit Steuermilliarden in der Finanzkrise mit gut 15 Prozent größter Anteilseigner der Commerzbank.
"Die global agierende deutsche Industrie braucht konkurrenzfähige Kreditinstitute, die sie in aller Welt begleiten können", bekräftigte Scholz am Donnerstag. Engere Kooperationen machten aber nur Sinn, "wenn sie sich betriebswirtschaftlich rechnen und auf ein belastbares Geschäftsmodell zusteuern", sagte der Minister.
Scholz habe die Fusion herbeireden wollen und "mit seinem amateurhaften Agieren kolossalen Schaden angerichtet", kommentierte der FDP-Finanzpolitiker, Florian Toncar, das Handeln des Ministers. Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi bezeichnete den Abbruch der Gespräche als "Segen". Der Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahl, Sven Giegold, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Es war von Anfang an unverständlich, dass Scholz als Sozialdemokrat diese Megafusion gegen den Willen der Belegschaft durchziehen wollte."
Kritiker einer Fusion hatten von Anfang an vor allem einen gewaltigen Stellenabbau und mögliche Filialschließungen als Argumente gegen die Banken-Hochzeit ins Feld geführt. 30 000 Jobs hätte ein solcher Zusammenschluss gekostet - so die Befürchtung der Gewerkschaft Verdi.
Die Nachteile hätten überwogen, bekräftigte Verdi-Chef Frank Bsirske, der auch Aufsichtsrat der Deutschen Bank ist, am Donnerstag: "Ein solcher Schritt hätte Zehntausende von Arbeitsplätzen gefährdet. Die Ergebnisse der Gespräche bestätigen zugleich unsere Einschätzung, dass ein solcher Schritt keinen ausreichenden Mehrwert bringen würde."
Erleichtert reagierten auch die Betriebsräte der teilverstaatlichten
Commerzbank. "Die Arbeitnehmervertreter in der Commerzbank begrüßen
den Abbruch der Gespräche", heißt es in einer Stellungnahme des
Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Uwe Tschäge, der auch
stellvertretender Aufsichtsratschef des MDax
Beide Institute haben zehn Jahre nach der Finanzkrise noch große Baustellen, etwa in der IT oder bei juristischen Altlasten. Die Deutsche Bank müht sich seit Jahren, an frühere Milliardengewinne anzuknüpfen und schaffte 2018 nach drei Verlustjahren in Folge gerade so die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Skandale und Prozesse verschlangen über Jahre Milliarden, der Aktienkurs ist im Keller.
Immerhin: Das erste Quartal 2019 verlief für die Deutsche Bank nicht
so schlecht wie von Marktbeobachtern befürchtet. Der Gewinn nach
Steuern belaufe sich voraussichtlich auf rund 200 Millionen Euro,
erklärte der Dax
Sewing zog eine zuversichtliche Zwischenbilanz: Schon jetzt ergebe sich "ein Gesamtbild, das viele nach dem schwachen Jahresstart nicht für möglich gehalten hätten." Die Marktbedingungen hätten sich "gegen Ende des Quartals spürbar verbessert". Den detaillierten Bericht zu den ersten drei Monaten 2019 veröffentlicht die Deutsche Bank an diesem Freitag (7.00 Uhr).
Die Commerzbank stieg im vergangenen Herbst in die zweite Börsenliga
ab und ist ebenfalls seit Jahren im Umbruch. Bei der Bilanzvorlage
musste der Vorstand einräumen, dass das teilverstaatlichte Institut
beim Thema Kostensenkung noch nicht am Ziel ist. Zudem zeichnet sich
ab, dass die Bank auch 2020 noch wesentlich mehr Geld für einen Euro
Gewinn aufwenden muss als mancher Konkurrent - etwa die ING
Aufseher mahnten Deutsche Bank und Commerzbank nach dem Aus der Fusionsgespräche zu einer Fortsetzung ihres Umbaukurses. "Wir gehen davon aus, dass beide Banken ihre bereits eingeschlagenen Restrukturierungsanstrengungen, die erste positive Ergebnisse zeigen, konsequent weiterverfolgen", ließ der für Banken- und Finanzaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling mitteilen. Derzeit erfüllten beide Institute "die aufsichtlichen Anforderungen an eine solide und stabile Bank. Das galt vor und während der Gespräche und ist auch jetzt uneingeschränkt der Fall", betonte Wuermeling.
Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Hans-Walter Peters, nannte die Entscheidung zur Beendigung der Fusionsgespräche nachvollziehbar: "Die deutsche Wirtschaft ist stark genug, um mehreren Großbanken Platz zu bieten. Eine Fusion wäre in der momentanen Situation ökonomisch nicht sinnvoll."
An der Börse rutschten Papiere der Deutschen Bank nach anfänglichen
Gewinnen ins Minus. Am Ende stand ein Verlust von 1,5 Prozent.
Analyst Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan
ISIN DE000CBK1001 DE0005140008 NL0011821202
AXC0309 2019-04-25/18:32