BERLIN (Dow Jones)--Unter dem Begriff "Extrarente" hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) ein neues öffentlich-rechtlich organisiertes Standardprodukt für die private Altersvorsorge vorgeschlagen. Verbraucher sollen demnach über ihren Arbeitgeber in die Extrarente einbezogen werden und ab dem Renteneintritt frei über ihr Geld verfügen können. Die Versicherungswirtschaft reagierte jedoch ablehnend.
Nach den Vorstellungen der Verbraucherzentrale soll das Produkt über die öffentliche Hand durch Ausschreibungen statt über gewinnorientierte Unternehmen organisiert werden. Allein durch die geringeren Kosten falle die spätere Rente für Verbraucher deutlich höher aus als bei heute üblichen Angeboten. Die Extrarente soll laut den Plänen vor allem in Aktien anlegen und damit "langfristig eine höhere Rendite" erzielen als viele private Vorsorgeverträge.
"Gerade die jüngere Generation wünscht sich einen Systemwechsel", sagte VZBV-Vorstand Klaus Müller. Knapp drei Viertel der Verbraucher befürworteten ein solches Standardprodukt. 58 Prozent aller Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland würden gerne mehr privat für das Alter vorsorgen, hätten in einer aktuellen repräsentativen Umfrage von Kantar-Emnid im Auftrag des VZBV aber mangelndes Vertrauen in die Angebote am Markt als Hinderungsgrund genannt.
Versicherer wollen Öffnung der Riester-Förderung
Verbrauchern würden "meist teure, kaum rentable und unflexible Rentenversicherungen angeboten, von denen vor allem die Versicherungswirtschaft und deren Vertriebe profitieren", monierte Müller. Damit die Menschen mehr Geld im Alter hätten, sei jedoch eine kostengünstige und gewinnbringende Anlage entscheidend. "Verbraucher wollen, dass hier endlich etwas passiert. Jetzt ist die Bundesregierung gefragt", sagte der Verbraucherschützer. Sie müsse "so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf für ein Standardprodukt vorlegen". Realisierbar sei das noch in diesem Jahr. Dann könnten "Verbraucher ab dem Jahr 2022 mit der Extrarente vorsorgen", sagte Müller.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kritisierte, der Vorschlag des VZBV löse "keine der Herausforderungen für die Altersvorsorge". Die Verbraucherschützer setzten voll auf den Aktienmarkt, das Risiko müssten allein die Sparer tragen. "Die weitaus meisten Menschen in Deutschland wollen genau das nicht, wie Umfragen immer wieder belegen", hob der GDV hervor.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Vorschlag kostengünstiger sein sollte als bestehende Angebote - Vertriebsaufwand und Verwaltungskosten müssten Arbeitgeber und Steuerzahler tragen. Zudem ziele der Vorschlag für ein staatliches Standardprodukt in erster Linie auf Arbeitnehmer. Nötig sei jedoch eine Altersvorsorge unabhängig vom beruflichen Status. Das wäre nach Dafürhalten der deutschen Versicherer "sehr leicht mit einer Öffnung der Riester-Förderung für alle zu erreichen".
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April 29, 2019 06:43 ET (10:43 GMT)
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