FRANKFURT (Dow Jones)--Zwischen dem Bundesverteidigungsministerium und dem Rüstungskonzern Heckler & Koch entwickelt sich ein Konflikt um das neue Sturmgewehr der Bundeswehr. Wie die "Welt am Sonntag" (WamS) berichtet, wirft die Geschäftsführung des Waffenherstellers Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor, keine faire und sachkundige Auswahl für das G36-Nachfolgemodell zu treffen.
Die Ausschreibungskriterien für das neue Gewehr würden zu einer Waffe führen, die "den Bedürfnissen der Truppe nicht gerecht wird", warnen die H&K-Chefs in einem elfseitigen Schreiben vom 12. April an die Ministerin. Die Kriterien umrissen ein "munitionsbedingt leistungsschwaches Gewehrmodell", das "nicht den Einsatzbedingungen und den Mindestanforderungen an den Eigenschutz der Soldaten" entspreche. Das Ministerium bestätigte den Erhalt des Schreibens, lehnte aber einen Kommentar zur generell vertraulichen Korrespondenz ab, berichtet die WamS.
Heckler & Koch schlägt vor, vom Kaliber 5,56 Millimeter wie beim G36 wieder auf 7,62 Millimeter zu wechseln. Dieses größere Kaliber wurde vom früheren G3-Gewehr der Bundeswehr verwendet. Die aktuelle Ausschreibung sollte überdacht werden, heißt es in dem Brief. Der Waffenhersteller räumt ein, dass in der Ausschreibung kein Kaliber für die Munition festgelegt ist. Das vorgeschriebene Gewicht der Waffe sei jedoch nur mit Kaliber 5,56 Millimeter zu erfüllen.
Der Frontalangriff der H&K-Manager auf das Verteidigungsministerium ist riskant, weil der Waffenhersteller selbst wirtschaftlich angeschlagen und hochverschuldet ist und der Schlüsselauftrag aus Berlin eine Auslastung über Jahre sichern würde. Erst jüngst wurde bekannt, dass Heckler & Koch auch das Geschäftsjahr 2018 mit Verlust abschließt.
Der Konflikt zwischen dem Unternehmen und der Ministerin schwelt schon länger. 2016 musste sich Heckler & Koch gerichtlich erfolgreich gegen Behauptungen wehren, das derzeitige Sturmgewehr G36 habe Präzisionsmängel. Die Gewehre entsprächen der Ausschreibung, urteilten die Richter. Die Ausschreibung war auf den Einsatz zur Landesverteidigung in Mitteleuropa ausgerichtet, nicht aber auf Wüstenländer wie Afghanistan bis Mali.
Entgegen der richterlichen Feststellung bestand von der Leyen darauf, das G36 abzulösen. Im April 2017 erfolgte die europaweite Ausschreibung für 120.000 neue Gewehre, mit einem geschätzten Wert von netto 245 Millionen Euro. Bei ersten "vorvertraglichen Vergleichserprobungen" konnte aber keines der Bewerbergewehre die Kriterien erfüllen, berichtete die Zeitung.
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May 05, 2019 09:56 ET (13:56 GMT)
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