BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bereitschaft bekundet, unter Bedingungen den französischen Vorschlag zur Treibhausgasneutralität im Jahr 2050 zu unterstützen. Dazu sei allerdings innerhalb des Kabinetts eine Verständigung auf konkrete Maßnahmen wie beispielsweise der Speicherung von Kohlendioxid oder der Aufforstung nötig, erklärte die CDU-Politikerin am Dienstag in ihrer Rede vor Delegierten der Petersberger Klimadialogs.
"Es geht um Klimaneutralität. Das heißt, es muss nicht sichergestellt werden, dass es überhaupt keine CO2-Emissionen mehr gibt, sondern man muss, wenn es noch CO2-Emissionen gibt, alternative Mechanismen findet, wie man dieses CO2 speichern oder kompensieren kann", sagte Merkel. Aufforsten sei in entwickelten Ländern nur begrenzt möglich und die CO2-Speicherung werde in Deutschland kritisch gesehen, denn viele Menschen hätten diesbezüglich Sorgen.
Klimakabinett soll das Wie, nicht das Ob klären
Daher wolle sie im deutschen Klimakabinett, in dem sich zuständige Minister mit Klimaschutzmaßnahmen befassen, eine Diskussion dazu führen, wie Deutschland 2050 klimaneutral werden könne.
"Die Diskussion soll nicht heißen, ob wir es erreichen können, sondern wie können wir es erreichen", so Merkel. "Und wenn wir da eine vernünftige Antwort finden, dann können wir uns der Initiative der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anschließen."
Sie persönlich wünsche sich das. "Ich möchte aber auch, dass wir nicht einfach ja sagen, sondern dass wir das untermauern, fundiert betreiben", betonte die Kanzlerin.
Vorstoß von Macron
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte vergangene Woche auf einem Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs aus der EU vorgeschlagen, dass sich die EU auf Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 festlegen solle. Einige Mitgliedsstaaten hatten sich dem angeschlossen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war beim Treffen im rumänischen Sibiu allerdings gegen diese Festlegung gewesen. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sehen vor, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 80 und bis zu 95 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 reduziert.
Bei dem am Montag gestarteten zweitägigen Petersberger Klimadialog in Berlin treffen sich Vertreter aus 35 Ländern in Berlin, um über die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens zu sprechen. In dem Abkommen haben sich 195 Länder darauf geeinigt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2 Grad Celsius, idealerweise auf 1,5 Grad, zu begrenzen, um einem gefährlichen Klimawandel entgegenzuwirken.
Deutschland ist beim Thema Emissionsreduktion in der Defensive. Merkel räumte ein, dass man hierzulande noch viel tun müsse, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Doch Deutschland habe die Absicht, wie geplant bis 2030 55 Prozent weniger Kohlendioxid zu emittieren als im Vergleichsjahr 1990.
Deutschland hinter den Zielen
Bislang liegt Deutschland jedoch hinter den international vereinbarten Klimaschutzzielen zurück. Gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 hat Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bislang um 30,8 Prozent reduziert. Eigentlich sollte bis 2020 eine Einsparung von 40 Prozent erreicht werden, was die große Koalition aber als unrealistische Vorgabe aufgegeben hat.
Auch von Brüssel kommt Druck. Die EU hat ihren Mitgliedsstaaten rechtsverbindliche Zielvorgaben für die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft gemacht, die nicht im europäischen Emissionshandelssystem ETS enthalten sind. Beim Verfehlen der Ziele könnte Deutschland mit milliardenschweren Ausgleichszahlungen bestraft werden.
In ihrer Rede betonte Merkel, dass es für Deutschland besser sei, diese Strafzahlungen zu vermeiden und das Geld in Innovationen im eigenen Land zu stecken.
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May 14, 2019 05:14 ET (09:14 GMT)
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