Von Manuel Priego-Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--US-Präsident Donald Trump hat die Finanzmärkte fest im Griff. Nachdem er den Einsatz im US-chinesischen Handelspoker mit neuen US-Strafzöllen zunächst erhöhte, sorgte kurz darauf an den Börsen die Nachricht für Entspannung, dass die Entscheidung über drohende US-Zölle auf EU-Importe wohl um sechs Monate verschoben wird. Ohne eine schnelle Einigung im US-chinesischen Streit und nach dem Ende der Berichtssaison, dürften sich die Anleger nun wieder verstärkt den globalen Wirtschaftsdaten zuwenden.
Und hier richten sich die Blicke in der kommenden Woche vor allem nach Europa mit der Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes am Donnerstag. Der Fokus liegt auf dem Service-Index, denn wie die Commerzbank anmerkt, hängt der Konjunkturausblick für den Euroraum entscheidend davon ab, ob die Rezession in der Industrie endet, bevor auch der Dienstleistungssektor stärker in Mitleidenschaft gezogen wird.
In den USA ist die Zinskurve wieder invers
Für ein Ende der Rezession im Verarbeitenden Gewerbe, das stark vom Export abhängig ist, gibt es derzeit keine Hinweise. Eine Belebung der Auslandsnachfrage, insbesondere aus China, ist weiterhin nicht erkennbar. Der Dienstleistungssektor dürfte sich von der Rezession in der Industrie zwar noch einige Monate abkoppeln können. Sollte die erhoffte Belebung der chinesischen Wirtschaft im zweiten Halbjahr aber ausbleiben oder nur schwach ausfallen, könnte es eng werden.
In den USA verweisen Skeptiker derweil auf die wieder inverse Zinskurve, die gerne als Rezessionssignal gewertet wird. Hier ist allerdings zu beachten, dass deren Aussagekraft als Indikator über die zukünftige Entwicklung der US-Wirtschaft umstritten ist, insbesondere in Zeiten, in den denen Zentralbank-Käufe das Geschehen an den Bondmärkten stark verzerren. Noch wichtiger: Die Anleger setzen immer mehr auf die Unterstützung einer taubenhaften Fed - in der Zwischenzeit wird eine US-Zinssenkung an den Märkten 2019 fest eingepreist.
Nationalistischer Schwenk in Brüssel zu befürchten
Politisch stehen in der kommenden Woche die Europawahlen im Blick, die vom 23. bis 26. Mai abgehalten werden. Und die dürften es in sich haben, auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass sie unmittelbare Wirkung an den Märkten entfalten werden. Laut Umfragen müssen sich die etablierten Blöcke im Europa-Parlament, die konservative EVP und die sozialdemokratische S&D, auf herbe Verluste zu Gunsten radikalerer und nationalistischer Parteien einstellen.
In Zukunft dürften EVP und S&D auf Grüne und Liberale angewiesen sein, um überhaupt mehrheitsfähig zu bleiben. Das dürfte das Regieren schwieriger machen. Die Commerzbank befürchtet, dass nach den Wahlen die nationalen Interessen in Brüssel noch stärker in den Mittelpunkt gestellt werden, um den Euro-Kritikern nicht weiteren Auftrieb zu geben. Die gemeinsame Einlagensicherung und die Vollendung der Bankenunion rücken damit in weite Ferne.
In Italien könnte es Neuwahlen geben
In Italien könnten die Europa-Wahlen ganz unmittelbaren Einfluss auf die politische Landschaft nehmen. Denn sollte Lega wie erwartet bei den Wahlen stark abschneiden, könnte es auch in Italien schnell um Neuwahlen gehen. "Würden Lega, Berlusconis Forza Italia und einige kleinere rechte Parteien bei der Europa-Wahl eine Mehrheit erringen, wäre - trotz jüngster anderslautender Beteuerungen - die Versuchung für Salvini groß, die ungeliebte Koalition mit den 5 Sternen zu beenden", gibt die Commerzbank zu bedenken.
Das würde die Märkte nicht unbeeindruckt lassen angesichts der gerade von Lega-Chef Salvini immer schärferen Töne im Haushaltsstreit zwischen Rom und Brüssel. Die Zinsdifferenz zwischen zehnjährigen deutschen und italienischen Staatsanleihen nähert sich bereits der 3 Prozent-Marke. Ein Wiederaufflammen der italienischen Schuldenkrise hat jederzeit das Zeug, die globalen Märkte durchzuschütteln. Noch ist es nicht so weit - zunächst stehen die Wirtschaftsdaten nächste Woche im Blick.
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May 17, 2019 07:28 ET (11:28 GMT)
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