
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat nach Aussage des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und EU-Kommissars Mario Monti zum Aufkommen der Populisten in Italien beigetragen. Monti sagte bei einem Kolloquium zu Ehren des scheidenden EZB-Chefvolkswirts Peter Praet, die nach dem Empfinden der Italiener zu späte geldpolitische Lockerung der Jahre 2012/13 habe die Wahrnehmung ausgelöst, dass trotz Strukturreformen und Budgetdisziplin die Zinsen nicht sänken. "Das diskreditierte die gute Politik, die die EZB und die EU immer empfohlen hatten und gab dem Aufstieg der Populisten Schwung", sagte Monti.
Der Italiener erhob damit einen ähnlichen Vorwurf wie 2016 der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Dieser hatte EZB-Präsident Mario Draghi allerdings vorgehalten, mit einer zu lockeren Politik das Aufkommen der AfD in Deutschland begünstigt zu haben.
Aber auch der später via OMT-Programm und Anleihekäufe bewirkte Rückgang von Zinsen und Zinsdifferenzen haben Monti zufolge in Italien zumindest politisch keine segensreiche Wirkung entfaltet. "Der Schwenk zu einer geldpolitischen Akkommodation schuf zusammen mit den Wahlen 2018 eine Situation, in der jeglicher Druck fehlte. Das Problem der völlig unrealistischen und verantwortungslosen Versprechungen der populistischen Parteien wurde verstärkt durch die geringen Zinsdifferenzen", sagte er.
Als diese Parteien dann angefangen hätten, ihre Versprechen zumindest teilweise umzusetzen, seien die Zinsen dann allerdings wieder gestiegen. Derzeit seien sie jedoch immer noch nur halb so hoch wie während der Krise.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/smh
(END) Dow Jones Newswires
May 22, 2019 10:26 ET (14:26 GMT)
Copyright (c) 2019 Dow Jones & Company, Inc.