Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Europa muss nach Ansicht von Bundesaußenminister Heiko Maas sein Gewicht als Wirtschafts- und Handelsmacht noch stärker in geopolitischen Einfluss ummünzen. "Wirklich souverän ist Europa nur, wenn es seine Werte und Interessen auch in Zeiten von 'America first', 'Russia first' oder 'China first' durchsetzen kann. Wie schwierig das ist, das zeigt die aktuelle Auseinandersetzung um das Atomabkommen mit Iran", erklärte der SPD-Politiker laut Redetext beim WDR-Europaforum.
Die amerikanische Strategie des maximalen Drucks mache es Europa den anderen Parteien des Abkommens ausgesprochen schwer, die wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die der Iran sich davon versprochen hat. "Und dennoch ist es richtig, gemeinsam mit unseren Partnern weiter daran zu arbeiten - trotz aller Widrigkeiten. Denn das Abkommen bleibt der sicherste Weg, um dem Iran den Weg zu Atomwaffen abzuschneiden. Und einen Flächenbrand in der Region zu vermeiden, der brandgefährlich wäre auch für Europa", warnte Maas.
Nachdem die USA sich vor einem Jahr aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückgezogen und Sanktionen verschärft hat, will nun auch der Iran einige seiner Verpflichtungen aus dem internationalen Atomabkommen aussetzen. In Europa hat das Besorgnis über eine Eskalation der Situation ausgelöst.
In seiner Rede forderte Maas die EU auch für die Zeit nach den Europawahlen zu mehr Schnelligkeit bei Entscheidungen auf. Denn wegen des aktuellen Zwangs zur Einstimmigkeit bestimme der Langsamste oft die Geschwindigkeit. "Damit muss Schluss sein - wenn wir auf Augenhöhe mit den USA oder China verhandeln und vorankommen wollen in der Klimapolitik, in Fragen der Abrüstung oder bei den Menschenrechten", sagte Maas.
Auch forderte er von der EU, dass sie dafür sorge müsse, dass internationale Großunternehmen ihre Gewinne in der Region versteuerten, anstatt sie in Steuerparadiese zu verschieben. Neben einer Annäherung der europäischen Mindestlöhne zur Vermeidung von Sozialdumpings brauche Europa auch nicht nur eine Union für Banken und den Kapitalmarkt, "sondern eine echte europäische Sozialunion, in der soziale Sicherheit und Mitbestimmung Hand in Hand gehen mit Wirtschaftswachstum".
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May 23, 2019 04:19 ET (08:19 GMT)
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