Nach der Europawahl rücken die Dauerthemen Zollstreit und Iran-Konflikt wieder stärker in den Vordergrund. Technisch bleibt die DAX-Lage Analysten zufolge angespannt.
27. Mai 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die deutlichen Verluste konservativer und sozialdemokratischer Volksparteien zumeist zugunsten rechtspopulistischer Bündnisse und der Grünen in ganz Europa müssen Anleger wohl erst einmal verdauen. Bislang halten sich die Marktreaktionen auf den Wahlausgang allerdings in Grenzen, wie die Helaba feststellt. Die Risikoaversion bleibe aber erhöht, was den geopolitischen Spannungen geschuldet sei. Schnelle Lösungen bezüglich des Zollstreits oder des Irankonflikts zeichneten sich nicht ab.
Auch wenn das Thema Brexit, der Iran-Konflikt sowie vor allem die Europawahl zuletzt die Anlegergemüter stärker beschäftigten, wird nach Meinung von Thomas Metzger vom Bankhaus Bauer übergeordnet der Ausgang des Handelskonflikts zwischen den USA und China die weitere Richtung an den Märkten vorgeben. "So lange hier keine Neuigkeiten verkündet werden, bleibt die Lage fragil und festgefahren.
Anleger setzen auf eine Lösung
"Offensichtlich geht das Gros der Aktieninvestoren davon aus, dass trotz der jüngsten Eskalation noch eine Verhandlungslösung gefunden wird", beschreibt Markus Reinwand das auch aus seiner Sicht wahrscheinlichste Szenario. Einen Crash am Aktienmarkt wird Donald Trump nach Ansicht des Helaba-Analysten eher nicht riskieren. "Ganz auszuschließen ist es gleichwohl nicht." Daher gelte es, Chancen und Risiken abzuwägen.
Den derzeit stattfindenden Handelsgesprächen zwischen Trump und Japans Staatsoberhaupt Shinzo Abe scheinen Aktionäre jedenfalls Positives abgewinnen zu können. Der Nikkei 225 stieg am Morgen um 0,3 Prozent auf 21.181 Punkte, der breiter aufgestellte Topix legte um 0,4 Prozent auf 1547 Zähler zu.
Der deutsche Aktienindex startet bei 12.077 Punkten mit leichten Gewinnen in die neue Woche. Kann der DAX die Marke von 12.000 Punkten halten, dürfte dies nach Ansicht von Metzger jenen Marktteilnehmern kurzfristig etwas den Wind aus den Segeln nehmen, die auf weiter fallende Kurse gesetzt hatten."
Richtung ungewiss
Technisch sieht die Helaba beim DAX trotz Erholung weiterhin Abgabepotenzial und macht dies unter anderem an der Tatsache fest, dass sich der Index letztendlich vom Retracement bei 11.990 Punkten und von der Aufwärtslinie um 12.004 Punkten nicht substanziell nach oben absetzen konnte. Insofern überrasche es nicht, dass auch die 21-Tagelinie bei aktuell 12.164 Punkten nicht erreicht wurde. "Dieses Vorhaben dürfte ambitioniert bleiben, denn 70 Prozent der DAX-Werte weisen einen negativen Mittelfristtrend auf", schätzt Christian Schmidt. SchmidtSchmidt
Zu einer deutlichen Eintrübung der technischen DAX-Lage würde es dem Charttechniker zufolge jedoch erst mit einem nachhaltigen Rutsch unter die Unterstützung um 11.829 bzw. 11.782 Punkte kommen. Bei letztgenannter Marke handele es sich um den 200-Tage Exponential Moving Average.
Brexit-Kurs weiterhin offen
In der Hängepartie um den EU-Austritt Großbritanniens versteht Nigel Farage den Erfolg seiner neuen Brexit-Partei bei den Europawahlen als klaren Auftrag für einen endgültigen Schnitt mit Auslaufen der Frist zum 31. Oktober. Noch regieren allerdings die in Europa stark geschwächten Konservativen, die mit der oder dem künftigen Vorsitzenden den Brexit weiter vorantreiben müssen. Marktbeobachter erwarten nach wie vor eine weiche Form des Austritts oder ein zweites Referendum. Die Rating-Agentur Moodys sieht mit dem Rücktritt von Theresa May ein höheres Risiko für einen harten Brexit.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Donnerstag, 20. Mai. 8 bis 22 Uhr. Deutschland: Christi Himmelfahrt. Auf beiden Marktplätzen Xetra und dem Frankfurter Parkett findet regulärer Handel statt.
Freitag 31. Mai
3.00 Uhr. China: Einkaufsmanagerindizes CFLP, Mai. Die Verschärfung des Handelskonflikts dürfte die Stimmung insbesondere der Industrieunternehmen gedrückt haben. Die DekaBank erwartet einen Rückgang des Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe von 50,1 auf 49,8 Punkte. Der Konsens liegt bei 49,9 Punkten. Möglich wären auch neuerliche Vorzieheffekte durch US-Importe vor Inkrafttreten der zusätzlichen Strafzölle.
14.00 Uhr. Deutschland: Verbraucherpreise, Mai. Die Preissteigerungen von Benzin, Diesel und Heizöl dürften nach Ansicht der DekaBank auf die im Jahresvergleich gemessene Inflationsrate keinen nennenswerten Einfluss gehabt haben. Im Mai letzten Jahres sei Heizöl fast genauso teuer gewesen und auch die Preissteigerung anderer Treibstoffe habe sich zumindest nicht beschleunigt. Die Auflösung saisonaler Sondereffekte etwa durch das späte Osterfest werde sich vermutlich in einer geringeren Kerninflation wiederfinden. Die durch weniger Feiertage bedingte geringere Anzahl Pauschalreisen werde diesen Effekt noch verstärkten.
9.00 Uhr. Frankfurt: Börsengang des dänischen Arzneimittelhändlers Abacus Medicine A/S.
Von: Iris Merker
27. Mai 2019, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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