Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Das schwache Auslandsgeschäft drückt die Stimmung der deutschen Wirtschaft und deutet auf ein schwächeres Wirtschaftswachstum hin. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) senkt daher seine Konjunkturprognose für dieses Jahr auf nur noch 0,6 Prozent, nachdem zu Jahresbeginn noch 0,9 Prozent Wachstum prognostiziert worden waren. Für die Prognose wurden mehr als 25.000 deutsche Unternehmen befragt.
"Die Konjunktur steht unter Druck. Der Ausblick der hiesigen Betriebe auf die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Monate fällt trüber aus als noch zu Jahresbeginn", erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Gerade die Industrieunternehmen spürten die deutlich langsamere Gangart der Weltwirtschaft.
"Beim Auslandsgeschäft sind die Erwartungen so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das ist ein Alarmsignal", sagte Schweitzer. "Denn die Industrie und unsere außenwirtschaftliche Orientierung sind Markenkern unserer Wirtschaft." Das Exportwachstum dürfte sich daher auf lediglich 1,2 Prozent verlangsamen, nach 2 Prozent im Jahr 2018.
Nur noch 21 Prozent der befragten Unternehmen erwarten für die nächsten zwölf Monate eine sich belebende Geschäftstätigkeit. Allerdings rechnen 63 Prozent mit einer gleichbleibenden Entwicklung und mittlerweile 16 Prozent mit einer Verschlechterung. Damit gehen die Erwartungen der Unternehmen zum vierten Mal in Folge zurück. Ausschlaggebend ist die schlechte Stimmung bei den Exporteuren, während eine gewisse Stabilisierung aus dem Inland kommt.
Auch bei der Beurteilung der aktuellen Lage ist eine deutliche Eintrübung zu verzeichnen. Die Betriebe beurteilen ihre Geschäftslage um sieben Prozentpunkte schlechter als noch zu Jahresbeginn. "Unter dem Strich befinden sich die Lageeinschätzungen der Unternehmen weiterhin deutlich im positiven Bereich", so der DIHK. "Die Verschlechterung im Frühsommer 2019 ist jedoch augenfällig."
Sorge bereitet auch, dass sich die deutliche Eintrübung der Geschäftserwartungen auf die Investitionsbudgets der Unternehmen auswirkt. "Besonders die exportorientierten Industrieunternehmen fahren ihre Investitionsplanungen zurück", so der DIHK.
Die schlechtere Stimmung hat auch Konsequenzen auf die Beschäftigungsabsichten der Unternehmen, denn diese trüben sich so deutlich ein wie seit fast fünf Jahren nicht mehr - trotz des nach wie vor bestehenden Fachkräftemangels, so der DIHK. Gerade in der Industrie schlage sich das verschlechterte Geschäftsumfeld auf die Personalpläne der Unternehmen nieder, während die Einstellungsabsichten infolge weiterhin starker Nachfrage auf hohem Niveau blieben.
Insgesamt stehe die deutsche Konjunktur daher vor konjunkturellen wie strukturellen Herausforderungen, erklärte der DIHK. Daher sei die Politik gefordert, mehr für den Ausbau bei der Verkehrs- und IT-Infrastruktur sowie bei der Digitalisierung zu tun. Auch müsse die Bundesregierung eine Reform des Steuerrechts anpacken.
"In Deutschland werden die Unternehmen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern in anderen Industriestaaten schon heute stärker belastet. Mit 30 Prozent ist die Belastung im Vergleich zum OECD-Durchschnitt in Deutschland etwa sechs Prozentpunkte höher", kritisierte Schweitzer. "Die Bundesregierung ist gefordert, diesen Wettbewerbsnachteil für die Unternehmen und den Investitionsstandort Deutschland zu reduzieren."
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May 28, 2019 03:38 ET (07:38 GMT)
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