BERLIN (Dow Jones)--Vor der Sondersitzung der SPD-Fraktion bekräftigen Kritiker von Andrea Nahles, sie müsse personelle Konsequenzen aus der Wahlschlappe vom Sonntag ziehen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post forderte Partei- und Fraktionschefin Nahles vor der Sitzung am Mittwochnachmittag zum Rücktritt von beiden Posten auf.
"Ich habe kein Verständnis dafür, nur weil es der Kindheitstraum von jemanden ist, Spitzenfunktionen in der SPD innezuhaben und diese auch erreicht hat..., dass man dann die Partei weiter spaltet und weiter in Geiselhaft nimmt", sagte Florian Post. Er gehe davon aus, dass es bei der Abstimmung zum Fraktionsvorsitz am Dienstag "definitiv" eine weitere Bewerbung geben werde.
Zu möglichen Gegenkandidaten wollte er sich nicht äußern. Vor der Sitzung war bekannt geworden, dass Nahles' Vorgänger als Parteichef, Martin Schulz, nicht antreten werde. Ähnlich hatte er sich bereits am Dienstag in einem Interview mit dem Magazin Die Zeit geäußert. Auch der Parteilinke und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch will nicht kandidieren.
Fraktionsvorsitzende Nahles war am Montag die Flucht nach vorne angetreten. Angesichts parteiinterner Kritik an ihrer Person und dem desaströsen Abschneiden der Partei bei den Europawahlen und der Bremer Bürgerschaftswahl hat sie die Neuwahl zum Fraktionsvorsitz von September auf Dienstag vorverlegt.
Eine Umfrage von Forsa für RTL/n-tv ergab, dass Post mit seinen Rücktrittsforderungen nicht alleine ist. So befürworten 60 Prozent der Wahlberechtigten, dass Nahles vom SPD-Vorsitz zurücktritt. Der Auffassung schließen sich die Anhänger aller Parteien an, auch die der SPD mit 59 Prozent. Gegen einen Rücktritt waren 19 Prozent, 21 Prozent waren unentschlossen.
Allerdings will eine Mehrheit, dass die SPD in der Koalition mit der Union bleibt. Nur 34 Prozent wollen laut Umfrage ein vorzeitiges Ende der Koalition während sich 61 Prozent wünschen, CDU, CSU und SPD sollten sich zusammenraufen und bis zum Ende der Legislaturperiode regieren.
Aber es gab auch innerhalb der SPD Kritik an den Rufen nach personellen Konsequenzen. Der SPD-Abgeordnete Gustav Herzog betonte, "dass nicht die Partei- und Fraktionsvorsitzende alleine verantwortlich gemacht werden kann, sondern wir alle".
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May 29, 2019 10:54 ET (14:54 GMT)
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