Von Adrienne Roberts
NEW YORK (Dow Jones)--Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) unternimmt in Sachen betrieblicher und gewerkschaftlicher Mitbestimmung einen weiteren Versuch in dem Volkswagen-Werk im US-Bundesstaat Tennessee. Im Juni können alle über 1.700 Werksmitarbeiter, inklusive der nach Stunden bezahlten Mitarbeiter, darüber abstimmen, ob die UWA ihre Interessen vertreten soll, erklärte das National Labour Relations Board. Die Wahl sei für den 12., 13. und 14. Juni in der Fabrik in Chattanooga geplant.
Der UAW hatte schon einmal versucht, die Mitarbeiter der einzigen US-Fabrik von Volkswagen gewerkschaftlich zu organisieren, und wurde aber mit knapper Mehrheit besiegt. Dadurch musste die UAW mehrere Jahre warten, um es erneut zu versuchen. Von Volkswagen hieß es, man sei der Auffassung, mehr als Unternehmen erreichen zu können, indem man direkt mit den Werksmitarbeitern an ihren Arbeitsplätzen zusammenarbeitet. Aber das Recht auf freie Wahl werde respektiert. Als eines der weltweit größten Automobilunternehmen sind bei Volkswagen in den Werken in Deutschland die Mitarbeiter gewerkschaftlich organisiert. Auch in den ausländischen Werken bis auf die USA ist das der Fall.
Volkswagen erklärte, man sei auf die Bedenken der Werksarbeiter in Tennessee eingegangen und habe die Löhne erhöht, die Schichtarbeit angepasst und Überstunden reduziert. Zudem will Volkswagen mehr als 800 Millionen US-Dollar in Chattanooga investieren. Mit dem Geld will Volkswagen Elektrofahrzeuge bauen und damit rund 1.000 Arbeitsplätze schaffen. Die Abstimmung beim US-Werk von Volkswagen kommt nur wenige Monate vor den Tarifverhandlungen zwischen dem UAW und den Detroiter Autobauern. Im September laufen die Tarifverträge bei General Motors und Ford aus.
Sollte es die UAW schaffen, die Mitarbeiter in Chattanooga für sich zu gewinnen, dann wäre es für die Gewerkschaft ein großer Erfolg. Die UAW hat in der Vergangenheit massiv an Mitgliedern verloren. Waren Anfang der 1970er Jahre noch über 30 Prozent aller US-Angestellten in einer Gewerkschaft, sollen es mittlerweile weniger als jeder Zehnte sein. Die Zeiten für die Autobranche sind derzeit aber nicht einfach. Nach Jahren des stetigen Absatzwachstums stagnieren die Verkäufe. Das setzt die Autobauer unter Druck, die Fertigung zu drosseln und Personal in den Werken zu reduzieren. Nach Angaben der UAW belief sich die Mitgliederzahl im April 400.000. Im Jahr 1979 hatte die UAW die meisten Mitglieder und kam auf 1,5 Millionen.
Seit Jahrzehnten versucht die UAW die Belegschaft in mehr US-Werken zu organisieren und wagte auch Vorstöße bei Nissan Motor und Toyota Motor. Die Gewerkschaft will an Einfluss in der Automobilindustrie gewinnen, was auch ihre Position am Verhandlungstisch mit den Detroiter Autobauern stärken würde. Aber die meisten dieser Werke befinden sich in den Südstaaten, wo die Stimmung eher gewerkschaftsfeindlicher ist.
Die Mitarbeiter in Chattanooga hatten es 2014 abgelehnt, sich durch die UAW vertreten zu lassen. Die Mehrheit der Beschäftigten des Werks stimmte gegen den Plan der Gewerkschaft. Die UAW wollte einen Betriebsrat nach deutschem Vorbild bilden. Volkswagen hatte das Werk 2011 eröffnet, als sich der US-Automobilmarkt nach der Rezession erholte.
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May 30, 2019 01:51 ET (05:51 GMT)
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