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Auszug der Eröffnungsrede von Maurizio Bettini zu den Europäischen Toleranzgesprächen 2019 - Reinheit Europas ein Mythos: Gesellschaftsvision der Römer brauchbares Modell für die Gegenwart

Dow Jones hat von Pressetext eine Zahlung für die Verbreitung dieser Pressemitteilung über sein Netzwerk erhalten.

Fresach (pts013/06.06.2019/10:30) - Die Diskussion darüber, ob offene 
(grenzenlose) oder geschlossene (isolierte) Staatssysteme auf lange Sicht 
erfolgreicher sind, ist so alt wie die Geschichte Europas selbst. Während die 
alten Griechen Fremden und Zuwanderern (Metöken) niemals Zugang zu Land oder 
Bürgerrechten gewährten, konnten im Römischen Reich sogar Sklaven Bürger werden. 
Die Herkunft aus fremder Erde war fürdas Bürgerrecht kein Hindernis. Im 
Gegenteil, im alten Rom hatte jeder Mensch zwei Vaterländer (Identitäten) - sein 
Herkunftsland und das Römische Reich. 
 
In seiner Eröffnungsrede zu den Europäischen Toleranzgesprächen 2019 in Fresach 
wies der in Brixen geborene italienische Sprach- und Literaturwissenschafter 
Maurizio Bettini von der Universität Siena darauf hin, dass es am Anfang des 
römischen Reichs trojanische Flüchtlinge waren, sie sich mit den einheimischen 
Latinern vermischten und die Grundlage zur späteren Weltmacht legten. Zu allen 
Zeiten waren jene Gesellschaften anderen überlegen, schlussfolgerte Bettini, die 
es verstanden, unterschiedliche Kulturen zu integrieren und zum Vorteil aller zu 
nutzen. 
 
Laut Bettini war die Identität der Römer vor allem eine "exzentrische", also von 
außerhalb (der Mitte) kommende. Und genau das sei der Grund, weshalb die 
Gesellschaftsvision und Praxis der Römer auch in unserer Zeit noch ein 
brauchbares Modell für Europa abgeben kann. "Doch dieses verbeißt sich in 
einer Selbstsuche, die ein Ganzes in viele Teile mit dem Anspruch auf nationale 
Souveränität und der Tendenz zur Selbstbeschau aufsplittert." Folge dieser 
Haltung sei die permanente Angst vor den Fremden, den verschiedenen Formen des 
Andersseins - und zwar immer dann, wenn diese an den Grenzen sichtbar werden, 
sagte Bettini am Mittwoch Vormittag im Kärntner Bergdorf Fresach. 
 
Gründung Europas aus der Vielfalt 
 
In seinem Bericht von den Ereignissen bei der Gründung Roms schreibt Titus 
Livius, dass aus der Vielfalt der Menschen, die ohne hierarchische Unterschiede 
um Romulus geschart waren, jene Kraft hervorbrach, die eines Tages die 
Größe Roms ausmachen würde. Die Abkömmlinge der Flüchtlinge und 
Schiffbrüchigen glaubten an die Macht der Mischung; sie lebten im Bewusstsein, 
dass in Rom alles "das Ergebnis von Vermischung und Eingliederung" ist, wie der 
Philosoph Seneca sagte. 
 
Laut Bettini sahen die Römer darin "Kraft, nicht Schwäche". Im Gegenteil, gerade 
die Weigerung, sich mit anderen Menschengruppen zu vermischen, hatte die Chancen 
auf Bestand bei jenen Völkern unterhöhlt, die sich dem Mythos der 
Schließung, der Trennung und der eigenen Reinheit verschrieben hatten. Dazu 
zitierte Bettini Kaiser Claudius: "Welche Entscheidung war es denn, die Athen 
und Sparta, beiden so kriegserprobten Stadtstaaten, den Niedergang brachte? Es 
war die Distanz, die sie zwischen sich und den besiegten Feinden errichteten, 
eben weil diese Feinde fremder Herkunft waren. Unser Gründervater Romulus 
hingegen war so weise, dass er oft innerhalb eines Tages viele Völker zunächst 
als Feinde und kurz danach als Bürger betrachtete. Wir (die Römer) sind immer 
von Fremden regiert worden." 
 
Kulturelle Identität ist nichts Biologisches 
 
Bettini sagte in seiner Rede, er habe sich nie mit der Vorstellung abgefunden, 
dass die kulturelle Zugehörigkeit, die wir gemeinhin "Identität" nennen, von 
"Wurzeln" oder den Tiefen der Tradition ableitbar sei. Kulturelle Wurzeln seien 
nichts weiter als eine irreführende Metapher. In Wirklichkeit sei kulturelle 
Identität, wenn es sie überhaupt gibt, ein lebendiges, oft gar nicht fassbares 
Phänomen, und Traditionen vielfältige, verschwommene Dinge, die sich im Laufe 
der Zeit unzählige Male wandeln und sich stets neu mit anderen Traditionen 
verknüpfen. 
 
Laut Bettini verdanken wir dem Anthropologen Maurice Halbwachs die Erkenntnis, 
dass sich das kollektive Gedächtnis im Ablauf der Generationen je nach 
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändert und dabei seine Inhalte an die 
Erfordernisse der Gegenwart anpasst. Es brauche indes gar keine Anthropologen, 
um Traditionen in ihrer Instabilität zu durchschauen. "Jeder von uns kann im 
Laufe seines Lebens beobachten, wie Traditionen entstehen, sich verändern und 
absterben", sagte Altphilologe Bettini in Fresach. "Daher müssen wir einsehen, 
dass Traditionen im Grunde kaum definierbar sind." 
 
In Wirklichkeit seien Tradition und die aus ihr ableitbare kulturelle Identität 
nichts Biologisches, keine Natur und keine Konstante. Vielmehr sind sie das 
Ergebnis einer Entscheidung, so wie sich einst die Römer für den Gründungsmythos 
ihrer Stadt entschieden haben. "Die Römer setzten nicht auf Schließung und 
Reinheit, sondern auf Öffnung und Vermischung", sagte Bettini und 
schlussfolgerte: "Und genau diese Entscheidung muss auch unser Europa heute mit 
Entschlossenheit treffen." 
 
Europas Jugend hat Entscheidung bereits getroffen 
 
Die heutige Jugend habe ihre Zugehörigkeit bereits im Sinne des römischen 
Modells definiert: Die jungen Europäerinnen und Europäer sind Italiener, die in 
Deutschland oder Spanien arbeiten; Deutsche mit Arbeit und Wohnsitz in England; 
Portugiesen, die in Holland oder Schweden leben und arbeiten. Jede und jeder von 
ihnen bringt in das Land ihrer Wahl ein Stück Heimaterde mit, vermischt es mit 
anderen Erden und auf diese Weise erschaffen diese jungen Menschen zusammen eine 
neue Heimat, ja viele wandelbare Heimaten. Jede und jeder erwirbt ein neues 
Bürgerrecht und behält dennoch - so wie einst in Rom - ihre, seine eigene 
Abstammung. 
 
Doch es gibt in Europa auch Länder, wo die Regierungen - nicht das ganze dort 
lebende Volk - den Weg der Schließung und der Absperrungen gewählt haben, 
weil sie ausschließende Identitäten und deren vermeintliche Reinheit 
schützen wollen. Auch in Italien seien solche Tendenzen zu beobachten. "Wir 
erleben, wie einige Länder sich gegen die Welt jenseits ihrer Grenzen 
verschließen und gleichzeitig nach innen hin autoritär regieren. Das sollte 
uns zu denken geben! Denn in dem Maße wie Menschenrechte wie das Recht auf 
Asyl und Aufnahme verletzt werden, steht auch die Missachtung von Bürgerrechten 
auf der Tagesordnung, etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung." 
 
Schließung von Grenzen ist Freiheitsberaubung 
 
"Die Entscheidung für die Schließung ist eine absolute Entscheidung, die 
schon per definitionem Freiheiten leugnet, Freiheit jedermann verwehrt, egal, ob 
er Ausländer oder Inländer ist. Europa gehört jedoch nicht jenen, die ihrem 
Kontinent DIE "Tradition schlechthin" verordnen wollen, die zufolge ihrem 
unanfechtbaren Urteil die einzig wahre Identität des europäischen Kontinents 
oder seiner einzelnen Länder zu repräsentieren hat", sagte Bettini zum Abschluss 
seiner Eröffnungsrede. "Europa gehört jenen, die sich für EINE Tradition, 
nämlich die gerechteste, offenste und für alle akzeptabelste Tradition zu 
entscheiden wissen. Eine Tradition der Gleichheit, Klugheit, Weitsicht; eine 
Tradition, die unseren Kindern und Enkeln Freiheit sowie gleiche Rechte sichert 
und aus ihnen gute Bürger, gute Menschen macht." 
 
Hintergrund: Maurizio Bettini, geboren 1947 im Südtiroler Brixen, lehrt als 
Professor für klassische Philologie an der Universität Siena und leitet das 
Institut für Anthropologie der antiken Welt. Er ist Autor und Herausgeber 
zahlreicher Bücher zur Mythologie und Anthropologie und schreibt regelmäßig 
für die Tageszeitung "La Repubblica". Sein jüngstes Buch "Wurzeln: Die 
trügerischen Mythen der Identität" erregte im deutschsprachigen Feuilleton viel 
Aufmerksamkeit. Es ist ein heilsames Vademecum gegen die Leitkultur-Debatte, 
eine kluge Warnung vor Xenophobie, Ausgrenzung und Missbrauch von Tradition und 
Geschichte. In Fresach hat Maurizio Bettini die Eröffnungsrede der Europäischen 
Toleranzgespräche 2019 zum Thema "Heimat Fremde Erde: Wem gehört Europa?" 
gehalten. http://www.fresach.org 
 
Fotos von der Eröffnungsrede sind ab 6. Juni mittags auf 
http://www.fotodienst.at abrufbar. 
 
(Ende) 
 
Aussender: Denk.Raum.Fresach 
Ansprechpartner: Dr. Wilfried Seywald 
Tel.: +43 699 18114006 
E-Mail: presse@fresach.org 
Website: www.fresach.org 
 
Quelle: http://www.pressetext.com/news/20190606013 
 
 

(END) Dow Jones Newswires

June 06, 2019 04:30 ET (08:30 GMT)

© 2019 Dow Jones News
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