Bundesaußenminister Heiko Maas reist in den Iran, um sich dort für den Fortbestand des umstrittenen Atom-Abkommens einzusetzen. Maas werde am Pfingstmontag in Teheran seinen Amtskollegen Mohammed Dschawad Sarif treffen, gab die Sprecherin des Auswärtigen Amts, Maria Adebahr, am Donnerstag in Berlin bekannt. Weitere Stationen sind die Vereinigten Arabischen Emirate und Jordanien. "Das ist eine Reise in die Krise", sagte Adebahr. Maas wolle in der Region für Besonnenheit und Deeskalation werben.
Der SPD-Politiker ist der erste Bundesminister seit zweieinhalb Jahren, der den Iran besucht. Vor zwei Wochen war mit dem politischen Direktor Jens Plötner bereits einer der wichtigsten Berater des Ministers in Teheran, um die Reise vorzubereiten.
Schon dieser Besuch hatte für Irritationen beim Bündnispartner USA gesorgt. Die Amerikaner waren vor einem Jahr aus dem mühsam ausgehandelten Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe ausgestiegen und setzen Teheran nun wieder mit massiven Wirtschaftssanktionen unter Druck.
Vor einem Monat stellte auch der Iran das Abkommen in Frage, und setzte den anderen Unterzeichnern eine Frist bis zum 7. Juli. Bis dann sollen China, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien die im Abkommen versprochenen wirtschaftlichen Vorteile für den Iran gewährleisten und die US-Sanktionen neutralisieren. Das ist bisher aber nicht einmal annäherend gelungen. Im Gegenteil: Der deutsche Handel mit dem Iran ist beispielsweise stark rückläufig.
Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran haben in den vergangenen Wochen massiv zugenommen. Es gibt Befürchtungen, dass es zum Krieg kommt. Maas warnt bereits vor einem Flächenbrand im Nahen Osten bei einem Scheitern aller Rettungsversuche für das Atomabkommen. Das würde auch ernste Folgen für die Sicherheit in Europa mit sich bringen, sagte er kürzlich im Bundestag. "Wir müssen und wir werden alles tun, um eine militärische Eskalation zu verhindern."
Maas hatte vergangene Woche auch mit US-Außenminister Mike Pompeo über den Iran gesprochen. Zu einer Annäherung der Positionen kam es dabei aber nicht. Die Reise des SPD-Politikers dürfte auch in Israel ganz genau beobachtet werden. Das Land fühlt sich vom Iran bedroht und ist für eine Ächtung Teherans.
Der Iran sieht im Streit über das Atom-Abkommen die anderen Unterzeichner am Zug. "Die Europäer müssen mehr zeigen als nur guten Willen, denn politische Statements alleine reichen nicht", sagte Sarif. Teheran habe alle seine Verpflichtungen erfüllt, und die Internationale Atomenergiebehörde IAEA habe dies auch mehrmals bestätigt. "Nun ist die Gegenseite dran ... so einfach ist das."
Aber ganz so einfach ist das dann doch nicht. Mit einem Ausstieg aus dem Atomabkommen würde der Iran auch die politische Unterstützung der anderen fünf Vertragspartner - und auch der internationalen Gemeinschaft - verlieren. Das hat auch der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow bei seinem Besuch in Teheran diese Woche noch einmal verdeutlicht.
Außerdem kann die Regierung von Präsident Hassan Ruhani mit Urananreicherung nicht die akute Wirtschaftskrise im Land bewältigen. Wegen der US-Sanktionen ist die nationale Währung Rial seit Monaten nicht mal mehr die Hälfte wert und die Inflation steigt an manchen Tagen im Stundentakt.
Daher schließt Präsident Ruhani auch Verhandlungen mit den USA nicht aus. "Nur müssen die Amerikaner im Vorfeld zum Atomdeal zurückkehren und die Sanktionen aufheben", so Ruhanis Forderung. Auch für Sarif "passen Wirtschaftskrieg und gleichzeitig Gesprächsangebote nicht zusammen". Ob Maas während seines Aufenthalts auch Ruhani treffen wird, ist noch unklar. "Wir sind dabei, die Reise noch zu planen, sagte Adebahr.
Schon am Sonntag wird Maas in den Vereinigten Arabischen Emiraten sein - auch ein heikler Besuch, aber in diesem Fall aus innenpolitischen Gründen. Der reiche Golfstaat führt zusammen mit Saudi-Arabien ein Bündnis vorwiegend arabischer Staaten zur Bekämpfung der Huthi-Rebellen im Jemen an. Die SPD hatte im Koalitionsvertrag eine Klausel durchgesetzt, nach der keine Rüstungsgüter mehr an "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligte Staaten geliefert werden dürfen.
Es wurde aber eine Hintertür für bereits genehmigte Exporte offen gehalten, durch die weiter an die VAE geliefert wird. Das wird von den Grünen und Linken scharf kritisiert, sorgt aber auch in der SPD für Unmut. Andererseits hat die Bundesregierung schon vor Jahren eine strategische Partnerschaft mit den VAE abgeschlossen. Kurz nach Maas' Besuch in Abu Dhabi kommt am kommenden Mittwoch mit Kronprinz Mohammed bin Said Al Nahjan einer der mächtigsten Herrscher der Region nach Berlin, um Bundeskanzlerin Angela Merkel zu treffen./mfi/DP/fba
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