BERLIN (Dow Jones)--Der Bundestag hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gebilligt, um "eine gezielte und gesteuerte Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt" nicht nur für Hochqualifizierte zu ermöglichen. Für das Gesetz stimmten 369 Abgeordnete, während 257 Parlamentarier dagegen votierten, wie Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau im Plenum bekanntgab. Nun muss noch der Bundesrat über die Regelungen beraten.
Demnach soll künftig jeder in Deutschland arbeiten können, der einen Arbeitsvertrag und eine anerkannte Qualifikation vorweisen kann - ohne Beschränkung auf so genannte Engpassberufe, die besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind. Auch auf die Vorrangprüfung, ob nicht auch Deutsche oder EU-Bürger für die Stelle infrage kommen, soll bei Fachkräften im Grundsatz verzichtet werden, allerdings verbunden mit der Möglichkeit, bei Veränderungen des Arbeitsmarktes die Vorrangprüfung kurzfristig wieder einzuführen.
Für Fachkräfte mit Berufsausbildung soll zudem die Möglichkeit zur befristeten Einreise zur Arbeitsplatzsuche für sechs Monate geschaffen und für fünf Jahre befristet erprobt werden. Die Bundesregierung hat zur Begründung für die Maßnahmen darauf verwiesen, dass sich der Fachkräftemangel zu einem Risiko für die deutsche Wirtschaft entwickelt habe. Spürbar sei er bereits bei vielen Unternehmen, vor allem in der Gesundheits- und Pflegebranche, in den so genannten Mint-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), aber auch im Handwerk.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte bei der Debatte im Bundestag, "dass die fehlenden Fachkräfte mittlerweile ein echtes Wachstumshemmnis in der Bundesrepublik Deutschland sind". Das neue Gesetz sei ein "ganz wichtiger Punkt der künftigen Migrationspolitik in Deutschland". Es werde dazu beitragen, dass die illegale Beschäftigung zurückgedrängt werde, weil es künftig einen legalen Weg zur Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt gebe.
Das Gesetz ist Teil des Migrationspakets der Regierung, zu dem weitere Regelungen bereits zuvor vom Parlament beschlossen worden waren. Sie sehen unter anderem vor, dass Personen, die sich der Abschiebung widersetzen, bis zu zehn Tagen im Gefängnis in Gewahrsam genommen werden können. Geplant sind auch Leistungskürzungen für Asylsuchende, die nicht bei der Aufklärung ihrer Identität mitwirken. Gleichzeitig sollen gut integrierte Geduldete unter bestimmten Bedingungen ein Bleiberecht erhalten. Sozialverbände haben die Regelungen aber scharf kritisiert, während die Wirtschaft auf ein schnelles Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes dringt.
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June 07, 2019 08:04 ET (12:04 GMT)
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