Die Ankündigung der EZB, den Leitzins länger als bislang geplant bei null Prozent zu belassen, stützt die Nachfrage nach Bundesanleihen. Anleger setzen zudem auf Neuemissionen von Unternehmen.
7. Juni 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Diese Woche steht der Rentenhandel
im Zeichen der Zins- und Handelspolitik. Die Warnungen hinsichtlich der Risiken für die globale Wirtschaft mehren sich. Weltbank, Internationaler Währungsfonds sowie eine zunehmende Anzahl von Bank-Analysten prognostizieren eine deutliche Verlangsamung des weltweiten Wachstums. Wie stark die globale Konjunktur an Wachstum tatsächlich einbüßen wird, hänge unter anderem von den Entwicklungen der internationalen Handelskonflikte ab.
"Die Weltwirtschaft läuft nicht mehr rund", berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. Darüber sorgten sich die Währungshüter. Nicht nur die Federal Reserve habe bei Anlegern Zinssenkungsfantasien ausgelöst und damit die Renditen zehnjähriger US-Treasuries auf 2,1 Prozent gedrückt. Bundesanleihen gleicher Laufzeit erreichten dem Händler zufolge neue Höchststände, die Papiere rentierten derzeit um minus 0,231 Prozent. Investoren reagierten auf die Aussage der Europäischen Zentralbank, wonach die Zinsen im Euroraum aller Voraussicht nach mindesten bis zum zweiten Halbjahr 2020 auf dem aktuellen Niveau bleiben - bei Bedarf auch länger.
Anleger bitten Italien stärker zur Kasse
Die Ankündigung der Europäischen Kommission, ein Defizit-Verfahren gegen Italien zu befürworten, erhöht Brunner zufolge die Schwankungen am Markt für italienische Staatsanleihen. Der Händler beziffert die aktuelle Rendite für zehnjährige italienische Bonds mit 2,41 Prozent, nach zwischenzeitlich 2,6 Prozent. Mit der mittlerweile signalisierten Gesprächsbereitschaft Italiens über seinen Haushalt seien die Käufer zurückgekehrt. Analysten bewerten das Einlenken der Regierung allerdings als "Spielen auf Zeit", um die Märkte erst einmal zu besänftigen. Seit März steigen die Risikozuschläge für Italien gemessen am Abstand der Rendite zu Bundesanleihen. Das Land muss somit tendenziell für Kapitalmarkt-Kredite tiefer in die Tasche greifen.
Zahlungsmittel Schatzanweisungen
Mit den von Salvini geplanten und von der Abgeordnetenkammer bereits beschlossenen kurzfristigen Schuldscheinen kann der italienische Finanzminister die Fiskalkriterien jedenfalls nicht umgehen, wie Klaus Stopp feststellt. Die Mini-Bots - das steht für Buoni Ordinari del Tesoro - in Stücken von fünf bis 500 Euro mit Laufzeiten zwischen drei und zwölf Monaten könnten nach Ansicht des Baader Bank-Analysten aber de facto eine Parallelwährung werden. Zunächst seien die Wertpapiere zur Begleichung von Inlands-Rechnungen und Steuern vorgesehen. Rom könne aber mit diesen Papieren auch den Einstieg in den Ausstieg Italiens aus dem Euro einläuten. Stopp sieht die Mini-Bots allerdings eher als potenzielles Druckmittel für Italien im Budget-Streit mit der EU.
BMW zapft Kapitalmarkt an
Über zwei neue Bonds, jeweils in Stückelungen von 1.000 Euro, sammelte BMW in dieser Woche insgesamt 1,75 Milliarden Euro erfolgreich von Anlegern ein, wie Brunner informiert. "Die Emission ist sehr gut gelaufen." Für ein dreijähriges Papier (WKN A0R3EZ) zahlt der bayrische Automobilkonzern jährlich 0,125 Prozent Zinsen. Eine Anleihe mit einer Laufzeit bis Juli 2026 (WKN A2R3E0) ist mit einem Kupon von 0,75 Prozent ausgestattet.
Behrens nutzt die Gunst der Stunde
Von Anlegern ebenfalls gut angenommen wurde Brunner zufolge die neue fünfjährige Behrens-Anleihe (WKN A2TSEB) mit einem Kupon von 6,25 Prozent. "Statt der vorgesehenen 15 Millionen Euro emittierte der Hersteller von Befestigungstechnik für Holz Bonds im Volumen von 20 Millionen Euro."
Bilfinger erfolgreich am Markt
Ab kommende Woche handelbar wird eine neue 250 Millionen Euro schwere Bilfinger-Anleihe (WKN A2YNQW) mit einer Laufzeit bis Juni 2024 und einem jährlichen Zins von 4,5 Prozent. "Die Nachfrage war trotz 100.000 Euro-Stücklung groß", berichtet Rainer Petz von der Oddo Seydler Bank. PetzPetz
Thyssen, S Immo Otto und Semper idem Underberg gesucht
Im Handel mit bestehenden Unternehmensanleihen macht Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank erhöhtes Kaufinteresse an einer ThyssenKrupp-Anleihe (WKN A2TEDB) mit einem Kupon von 2,875 Prozent aus. Aktuell ist der Wert für etwas unter 101 Prozent zu haben.
Eine noch junge bis 22. Mai 2026 laufende S Immo-Anleihe (WKN A2R195) mit einer jährlichen Verzinsung von 1,875 Prozent wird dem Händler zufolge ebenfalls gern gekauft. "Das Papier notiert mittlerweile über 103 Prozent."
Anleger legten sich zudem eine im April begebene, siebenjährige Anleihe von Otto (WKN A2TR80) im Volumen von 250 Millionen Euro ins Depot.
Reges Kaufinteresse habe gestern den Kurs einer im Juli 2024 fälligen Semper idem Underberg-Anleihe (WKN A2LQQ4) mit einem Kupon von 4,0 Prozent nach oben getrieben und in Folge Verkäufe ausgelöst. Der Bond im Volumen von 25 Millionen Euro kostet aktuell 106 Prozent.
von: Iris Merker
7. Juni 2019, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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