(neu: Brandenburg letzter Absatz)
DRESDEN (dpa-AFX) - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat mit seiner Forderung nach einem Ende der Russland-Sanktionen eine heftige Kontroverse ausgelöst. Harsche Kritik erhielt er dafür auch aus den Reihen der CDU. Von seinem Thüringer Kollegen Bodo Ramelow (Linke) bekam Kretschmer am Pfingstmontag Rückendeckung. Er unterstütze Kretschmers Bemühungen um einen verbesserten Dialog mit Russland und die Beendigung der Sanktionen, ließ Ramelow mitteilen. Kretschmer handele bei dem Thema im Interesse der neuen Bundesländer, deren Wirtschaft seit Jahren unter den Sanktionen leide.
Die Sanktionen waren 2014 wegen der russischen Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim eingeführt worden. Sie umfassen heute unter anderem ein Waffenembargo, Einreiseverbote gegen weit über 100 Personen und Handelsbeschränkungen.
Kretschmer war beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen und hatte schon zuvor einen schrittweisen Abbau und ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland gefordert. Zugleich lud er Putin nach Dresden ein. Dort war der jetzige Präsident vor dem Mauerfall als Offizier des sowjetischen Geheimdienstes KGB tätig.
Im Anschluss musste Kretschmer harsche Kritik für seinen Vorstoß einstecken - auch aus den Reihen der CDU. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer widersprach seiner Forderung zu den Sanktionen.
Kretschmer dagegen bekräftigte sie auch am Wochenende noch einmal: "Diejenigen, die sich nun mit erhobenem Zeigefinger zu Wort meldeten, sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass es in den neuen Bundesländern eine eigene Meinung zu dieser Frage gibt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er führe die Debatte mit einer "großen positiven Zugewandtheit zu Russland und zu seinen Menschen". In Ostdeutschland gebe es eine besondere Sichtweise auf Osteuropa, die aus gemeinsamer Vergangenheit stamme. Zugleich betonte er die Verantwortung Russlands für die Beendigung des Ukraine-Konflikte.
Neben Lob gab es auch viel Tadel für Kretschmer. Dabei wurde ihm auch unterstellt, die Forderung aus wahltaktischen Erwägungen so formuliert zu haben.
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, schrieb am Samstag auf Twitter: "Herr Ministerpräsident, haben Sie einen außenpolitischen Berater? Falls ja, sofort feuern." Andernfalls könne das Auswärtige Amt "sicher einen Fachmann vermitteln". Kretschmer brauche Rat, sonst schade er sich und den deutschen außenpolitischen Interessen.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, sie rate bei den Debatten über Russland zu mehr Besonnenheit. Fast 80 Prozent der Bürger in MV befürworteten trotz der schwierigen internationalen Lage den Ausbau der Zusammenarbeit mit Russland. "Wir müssen wegkommen von einer Schwarz-Weiß-Diskussion. Was wir brauchen, sind kontinuierliche Zusammenarbeit und kritischer Dialog."
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigte Verständnis für Kretschmers Forderung. Der "Bild"-Zeitung sagte Woidke, da die Unternehmen in Ostdeutschland häufig viele Wirtschaftsbeziehungen zu Russland hätten, setze man auf Dialog und wirtschaftlichen Austausch./jos/DP/he
AXC0066 2019-06-10/17:51