
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Inflationsschwäche im Euroraum ist nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Mitte 2017 nicht mehr mit dem in der sogenannten Phillips-Kurve abgebildeten Zusammenhang von Arbeitsmarkt und Inflation erklärbar. In ihrem aktuellen Wirtschaftsbericht schreibt die EZB: "Geschätzte Phillips-Kurven können einen großen Teil der Inflationsschwäche zwischen 2013 und Mitte 2017 erklären, aber die jüngere Schwäche der grundlegenden Inflation bleibt weitgehend unerklärt."
Laut EZB ist der Beitrag von unausgelasteten Kapazitäten, Inflationserwartungen und externen Preisen in den von ihr verwendeten Modellen zuletzt nahezu verschwunden. Das zeige, dass die anhaltende Inflationsschwäche mit anderen, ergänzenden Ansätzen erklärt werden müsse. Die EZB räumt ein, dass Phillips-Kurven bestimmte inflationsrelevante Bereiche nicht erfassten, zum Beispiel die Finanzpolitik des Staats und andere finanzielle Faktoren. Auch sei es möglich, dass statistische Probleme und Messprobleme die Ergebnisse der Analysen verzerrten.
EZB-Präsident Mario Draghi weist seit einiger Zeit darauf hin, dass die Kerninflation (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) schwächer sei, als die positive Entwicklung von Arbeitsmärkten und der Löhne erwarten ließen. In dem Bericht weist die EZB darauf hin, dass der außenwirtschaftliche Einfluss auf die Inflation möglicherweise über die Importpreise hinausgeht und noch nicht völlig verstanden ist.
Auch haben sich EZB-Offizielle zuletzt beunruhigt über den Rückgang der marktbasierten Inflationserwartungen geäußert. In dem Bericht bezieht sich die EZB jedoch nur auf umfragebasierte Indikatoren, deren Einfluss auf die tatsächliche Inflation sie zumindest für den Zeitraum ab Mitte 2017 als niedrig veranschlagt.
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June 17, 2019 04:00 ET (08:00 GMT)
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