
Von Petra Sorge
BERLIN (Dow Jones)--Vor dem mit Spannung erwarteten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur geplanten deutschen Pkw-Maut haben FDP und Grüne einen Stopp des Projekts gefordert. Als "politischen Irrweg" bezeichnete der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Frank Sitta, die geplante Gebühr. "Es wird ein maximaler Bürokratieaufwand betrieben, um minimale Einnahmen zu generieren. Für die Straßeninfrastruktur wird am Ende kaum etwas übrig bleiben", sagte Sitta.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Montag berichtete, geht das Bundesverkehrsministerium inzwischen von deutlich weniger Mauteinnahmen aus als ursprünglich erwartet. Demnach dürften statt 500 Millionen Euro nur um die 400 Millionen Euro in die Staatskasse fließen. Grund dafür ist der Plan, inländischen Fahrzeughalter die Pkw-Maut in gleicher Höhe über die Kfz-Steuer rückzuerstatten.
Das Ministerium erwartet bei Autos mit der Abgasnorm 6 im Jahr 2020 Kfz-Steuerentlastungen von 110 Millionen Euro. Zugleich mindert die höhere Abgasnorm aber auch die Maut spürbar, da diese sich über Hubraum und Emissionsklasse berechnet. "Aufgrund der obligatorischen Euro-6-Abgasnorm bei Neufahrzeugzulassungen ist von einer steigenden Entlastung bis 2024 auszugehen", zitiert die Zeitung aus einer Antwort des Ministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen.
Nach Informationen der Oppositionsfraktion könnten sich die Entlastungen sogar auf bis dahin 240 Millionen Euro belaufen. "Diese Maut droht zu einem Minusgeschäft zu werden", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der "Augsburger Allgemeinen" vom Montag. "Sie würde uns jährlich bis zu 155 Millionen Euro kosten, die Grenzregionen extrem belasten und unsere europäischen Nachbarn ohne Not verärgern."
Auch die FDP verweist auf interne Berechnungen. Bereits 2014 habe ein Gutachten im Auftrag der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion gezeigt, dass das Mautaufkommen vermutlich deutlich unter den Erwartungen bleiben werde, erklärt Frank Sitta. "Und davon wird noch der Großteil durch die Systemkosten aufgefressen. Eine intelligente Verkehrspolitik sieht anders aus. Den ganzen Ärger, auch mit den europäischen Nachbarn, hätte man sich besser gespart."
Österreich hatte im Oktober 2017 vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Klage gegen die Pkw-Maut eingereicht und eine "indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit" geltend gemacht. Es würden faktisch nur ausländische Straßennutzer belastet, weil deutsche Autobesitzer die Pkw-Maut über eine Senkung der Kfz-Steuer in gleicher Höhe entlastet würden. Das Urteil wird für Donnerstag um 9.30 Uhr erwartet.
Link zur Klage Österreichs: https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62017CN0591:DE:HTML
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June 17, 2019 09:19 ET (13:19 GMT)
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