BERLIN (Dow Jones)--Nach Einschätzung der Energiewirtschaft wird Deutschland beim derzeitigen Ausbautempo sein Klima-Ziel bis 2030 verfehlen. Ohne einen deutlich schnelleren Zubau erreiche der Anteil an Erneuerbaren Energien am Strom lediglich 54 statt den anvisierten 65 Prozent, heißt es in einer Analyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Nötig wären laut zwei Szenario-Rechnungen zwischen 215 bis 237 Gigawatt installierte Erneuerbaren-Leistung bis 2030. 2018 waren lediglich 120 Gigawatt installiert. "Die derzeit bestehenden Flächenbegrenzungen für verschiedene EE-Technologien behindern ausreichende Zubauraten", sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Der Verband fordert massiven Zubau bei Solar und Wind. So müsse der 52-Gigawatt-Deckel für Photovoltaik-Anlagen außerhalb des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aufgehoben werden. Statt der bisherigen 15 Gigawatt für Wind auf See bis 2030 sollten 17 Gigawatt gelten. Höhere Ausbauziele für Windenergieanlagen auf See und Photovoltaik seien sinnvoll, um Zeit für die Lösung der Akzeptanzprobleme von Windenergie an Land zu gewinnen. Trotzdem müssten auch Mindestabstände und Höhenbeschränkungen für Windkraftanlagen an Land verbessert werden.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßte die Analyse des BDEW und bekräftigte seine Forderung nach einem breiten Mix der Energieträger Wind, Solar und Biomasse. "Hinsichtlich der zukünftigen Strombedarfe legt der BDEW sogar eine unrealistisch konservative Schätzung an", erklärte Verbandspräsidentin Simone Peter. "Der tatsächliche Zubaubedarf Erneuerbarer Energien könnte angesichts der großen Nachfrage nach CO2-freiem Strom aus der deutschen Industrie sowie perspektivisch aus den Sektoren Verkehr und Wärme noch deutlich stärker steigen." Das habe der Verband in einem eigenen Szenario für das Jahr 2030 dargelegt. Es brauche etwa deutlich mehr Anreize für gewerblichen solaren Eigenverbrauch, damit die Energiewende auch in den Städten Fortschritte machen kann. "Bei der Bioenergie ist ein Stabilisierungspfad erforderlich, um den Rückbau von Biogasanlagen abzubremsen", ergänzte Peter.
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June 18, 2019 12:58 ET (16:58 GMT)
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