Die US-Notenbank Fed hat am Mittwochabend die Tür für künftige Zinssenkungen verbal geöffnet. Die Unsicherheiten für den wirtschaftlichen Ausblick haben laut Fed-Chef Jerome Powell zugenommen. Man werde daher neue Informationen genau beobachten und "angemessen handeln", um die wirtschaftliche Expansion zu stützen. Zunächst blieb der Leitzins aber in der Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent.
Uwe Burkert, Chefvolkswirt Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)
"In der Summe ist es auf Basis der geldpolitischen Signale deutlich wahrscheinlicher geworden, dass die Währungshüter auf einer der kommenden zwei bis drei Sitzungen ihre erste Leitzinssenkung seit Dezember 2008 beschließen werden. Wie schnell und wie stark die geldpolitischen Zügel in den USA gelockert werden, dürfte nicht zuletzt von den Signalen abhängen, welche in Sachen Handelskonflikt USA/China von dem kommende Woche anstehenden G20-Gipfel in Japan ausgehen."
Thu Lan Nguyen, Devisenepertin Commerzbank:
"Doch Powell dürfte nicht nur den Markt, sondern auch US-Präsidenten Donald Trump glücklich gemacht haben, da ihm gelang, die Euro-Abwertung im Zuge von Mario Draghi's taubenhafter Sintra-Rede - etwas, worüber sich Trump lauthals beschwert hatte - wieder zu negieren."
Stefan Kipar, Analystin BayernLB:
"Ein Zinsschritt auf einer der nächsten Sitzungen scheint nahezu ausgemachte Sache zu sein. Bereits die Sitzung im Juli könnte in Frage kommen. Allerdings bedarf es dazu weiterhin schwacher Daten und ausbleibender Hoffnungen auf eine Einigung im Handelsstreit. Daher wird auch das Treffen von Trump und Xi Ende Juni entscheidend sein. Wir erwarten, dass nach dem Treffen zunächst etwas Hoffnung aufkeimen wird, weshalb sich die Fed im Juli noch zurückhalten dürfte. Schlussendlich sind beide Nationen aber weit davon entfernt, sich auf einen Deal zu einigen. Entsprechend scheint uns eine Zinssenkung im September wahrscheinlich. Hiernach dürften zudem noch weitere Zinssenkungen im Winterhalbjahr folgen."
Rudolf Besch, Volkswirt Dekabank:
"Das Tor für eine möglicherweise sehr zeitnahe Leitzinssenkung wurde jedoch geöffnet. Hintergrund für solch einen (Versicherungs-) Schritt wären mögliche Verunsicherungen der Unternehmen und privaten Haushalte in Folge der jüngsten Handelseskalationen zwischen den Vereinigten Staaten und China.(...) Ähnlich den FOMC-Mitgliedern erwarten wir vorerst keine unmittelbare Leitzinssenkung. Sollten die makroökonomischen Daten aber in den kommenden Wochen nach unten überraschen, würden wir Leitzinssenkungen für Juli und September als wahrscheinlich erachten."
Klaus Wiener, Chefvokswirt des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV):
"Die Entscheidung der Fed, die Zinsen unverändert zu lassen, ist sehr erfreulich. Damit widersetzt sie sich einem steigenden politischen Druck, der ihre Unabhängigkeit gefährdet. Eine Zinssenkung ist perspektivisch zwar möglich, sie sollte aber vor allem davon abhängen, ob die Entwicklung der US-Wirtschaft einen solchen Schritt rechtfertigt. Unseres Erachtens erfordert die aktuelle Datenlage keine Zinssenkung, denn die Arbeitslosenquote befindet sich auf einem Rekordtief und der Lohndruck steigt. Auch liegen die Inflationserwartungen immer noch über der kritischen Marke von zwei Prozent. Um auf der nächsten Sitzung im Juli die Leitzinsen zu senken, müssten sich die einlaufenden Konjunkturdaten schon merklich eintrüben."/jsl/fba
AXC0114 2019-06-20/12:02