
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Auftragseingang der deutschen Industrie dürfte im Mai leicht gesunken sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass sich die Bestellungen gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent verringert haben. Es wäre der erste Rückgang nach zwei allerdings nur leichten Anstiegen. Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht die Daten am Montag (8.00 Uhr). Weitere wichtige Konjunkturdaten der Woche sind der US-Arbeitsmarktbericht, die ISM-Indizes und die chinesischen Einkaufsmanagerindizes. Zudem entscheidet die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) und andere große Produzenten am Dienstag über ihre Förderpolitik.
Die Industrie ist seit einiger Zeit das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Eilte sie 2017 noch von Rekord zu Rekord, so wurde sie 2018 von hausgemachten Problemen, der Eskalation des Handelsstreits USA-China, dem drohenden EU-Austritt Großbritanniens und einer Abschwächung des chinesischen Wirtschaftswachstums getroffen. Beredter Ausdruck dieser Krise sind die Auftragseingänge, die sich zuletzt wieder auf dem Niveau von Anfang 2017 befanden, wo der Boom seinen Ausgang nahm.
Einkaufsmanagerindex macht gewisse Hoffnungen auf Bestellanstieg
Hoffnungen auf ein kleines Plus im Juni macht allerdings die Aussage von IHS Markit, dass sich im Mai Anzeichen einer Stabilisierung des verarbeitenden Gewerbes gezeigt hätten. Die Rückgänge bei Produktion und Auftragseingang fielen zum zweiten Mal hintereinander weniger stark aus als zuvor.
Zusammen mit den Auftragsdaten kommen die Industrieumsätze für Mai. Normalerweise geben diese Daten eine gute Indikation für die Entwicklung der Produktion. Seit aber im vergangenen Jahr in der Automobilindustrie die Lagerbestände nicht auslieferbarer Fahrzeuge stark stiegen und seither wieder abgebaut werden, ist der Zusammenhang zwischen beiden Datenreihen nicht mehr so eng.
Deutsche Arbeitslosenzahl sinkt nach Anstieg im Vormonat wieder
Weitere Konjunkturdaten aus Deutschland: Am Montag (9.55 Uhr) veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit (BA) Arbeitslosenzahlen für Juni. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten einen Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl um 4.500, nachdem es im Mai zu einem Anstieg von 60.000 gekommen war. Das hatte allerdings "technische" Gründe, keine konjunkturellen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erwartet für die nächsten Monate steigende Arbeitslosenzahlen. Grund ist die nun schon länger andauernde Konjunkturschwäche.
Am Dienstag (8.00 Uhr) kommen die Daten zum deutschen Einzelhandelsumsatz und um 10.00 Uhr die Auftragseingänge des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. Die Europäische Zentralbank (EZB) berichtet am Montag (10.00 Uhr) über die Entwicklung der Geldmenge sowie der Kreditvergabe und Eurostat (Montag, 11.00 Uhr) über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Mai.
Die nachlassende Bedeutung der Geldmenge für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat auch das Interesse von Analysten und Marktteilnehmern für diese Daten schwinden lassen. Mit einiger Aufmerksamkeit verfolgt wird aber nach wie vor die Entwicklung der Kreditvergabe an nicht-finanzielle Unternehmen. Zuletzt ist die Jahresrate dieser Kredite auf 2,8 Prozent gestiegen, was dagegen spricht, dass der negative Einlagenzins die Banken bisher daran hindert, Kredite zu vergeben.
US-Stellenzahl steigt im Juni wieder stärker
Am Freitag (14.30 Uhr) veröffentlicht das US-Arbeitsministerium den Arbeitsmarktbericht für Juni. Volkswirte gehen davon aus, dass der US-Arbeitsmarkt im Juni zu alter Stärke zurückgefunden hat. Mit einem Zuwachs von nur 75.000 Jobs hatte es im Mai eine erhebliche Enttäuschung gegeben.
Die Volkswirte der Commerzbank werteten die Mai-Daten aber als Ausreißer nach unten. Für Juni prognostizieren sie ein Plus von 170.000 Stellen. Die Arbeitslosenquote dürfte bei 3,6 Prozent verharren. Bei den Stundenlöhnen rechnet die Commerzbank aufgrund eines positiven Kalendereffekts mit einem überdurchschnittlichen Anstieg von 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat.
Aus den USA kommen außerdem die ISM-Indizes für das verarbeitende und das nicht-verarbeitende Gewerbe (Montag und Mittwoch, jeweils 16.00 Uhr), und aus China die Caixin-Einkaufsmanagerindizes beider Sektoren (Montag und Mittwoch, jeweils 3.45 Uhr). Am Montag (1.50 Uhr) veröffentlicht die Bank of Japan ihren offiziellen Konjunkturbericht Tankan und am Dienstag (6.00 Uhr) die Reserve Bank of Australia ihre Zinsentscheidung.
Opec-Minister beraten über Förderpolitik
Bei ihrem Treffen am Montag und Dienstag beraten die Opec-Minister und die von Russland angeführten Verbündeten darüber, ob die im Dezember 2018 vereinbarte Förderdrosselung verlängert werden soll. Damals hatten die 25 kooperierenden Ölstaaten vereinbart, die tägliche Förderung um 1,2 Millionen Barrel zu kürzen. Saudi-Arabien setzt sich dafür ein, die Drosselung in der zweiten Jahreshälfte fortzusetzen, da die schwächere globale Nachfrage ein größeres Gewicht hat als die Kriegsgefahr im Golf und die Sorge um Versorgungsengpässe im Nahen Osten.
Wie die erweiterte Opec verfährt, hängt entscheidend vom Ergebnis des G20-Gipfels ab. Für den Fall eines "Waffenstillstands" im Handelsstreit USA-China wollten zumindest die Saudis an der Förderdrosselung im bisherigen Umfang festhalten. Für den Fall eines Fehlschlags, der die Weltwirtschaft bremsen würde, war eine noch stärkere Drosselung ins Auge gefasst worden.
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June 28, 2019 10:02 ET (14:02 GMT)
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