Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich gegen die Überlegungen der sozialdemokratischen Umweltministerin Svenja Schulze für einen CO2-Preis gestellt. "Wir müssen als Regierung mehr tun beim Klimaschutz. Mit diesem Vorschlag schaffen wir das aber nicht: Weil er viele belastet, ohne den CO2-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag". Der Autofahrerclub ADAC warnte bei einer möglichen CO2-Steuer vor Belastungen für Pendler.
Schulze wirbt dafür, Kraftstoffe, Heizöl und Erdgas höher zu besteuern, um so den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu drücken. Die Einnahmen aus einem CO2-Preis könnten als "Klimaprämie" an die Bürger zurückfließen, hatte sie vorgeschlagen. Bürger mit geringen und mittleren Einkommen sollten nicht zusätzlich belastet werden. Ein detailliertes eigenes Konzept hat sie noch nicht vorgelegt - Schulze hatte am Freitag aber drei Gutachten zur Ausgestaltung eines CO2-Preises vorgestellt, für den viele Klimaschützer und Ökonomen schon lange werben.
Ihr Kabinettskollege Altmaier verwies nun auf ein Ende dieser Woche erwartetes Gutachten der "Wirtschaftsweisen" - des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - zur CO2-Bepreisung. "Für mich ist wichtig, dass wir keine Arbeitsplätze verlieren und dass die ländlichen Räume nicht benachteiligt werden", so der Minister.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warf Altmaier vor, nur auf der Bremse zu stehen. "Was wir jetzt dringend benötigen, ist ein Wettbewerb der besten Ideen. Ständige Blockaden helfen uns nicht weiter", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ohne eine CO2-Bepreisung - in welcher konkreten Ausgestaltung auch immer - wird es dabei nicht gehen, darin sind sich die meisten Experten einig."
Die Bundesregierung will im September über ein Maßnahmenpaket für mehr Klimaschutz entscheiden, damit die Klimaziele für 2030 erreicht werden können. Die Union hat noch keine klare Position - Teile von CDU und CSU lehnen den CO2-Preis strikt ab, andere halten ihn für ein gutes Instrument.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich halte nach wie vor die Ausweitung des Emissionshandels auf die Sektoren Verkehr und Gebäude für zielführender als eine wie auch immer geartete CO2-Steuer." Beim Emissionshandel müssen Unternehmen für den Ausstoß von CO2 Zertifikate vorweisen müssen, deren Zahl nach und nach verknappt wird - und die damit teurer werden.
Der ADAC-Vizepräsident für Verkehr, Gerhard Hillebrand, forderte: "Mobilität muss für alle weiterhin möglich und bezahlbar sein." Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes dürfe es nicht zu einem Teuerungswettlauf kommen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der ADAC bekenne sich ausdrücklich zum Klimaschutz und halte schnelle Entscheidungen für unverzichtbar, die den CO2-Ausstoß im Verkehr reduzieren. Dafür lägen bereits zahlreiche Vorschläge vor, die weit über die Frage einer CO2-Bepreisung hinausgingen. Es müssten Potenziale der Technik genutzt werden, bei Motoren oder Kraftstoffen, außerdem müsse der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.
Steuerliche Anreize zur CO2-Minderung aber seien durch die Energiesteuern im Verkehr im Vergleich zu anderen Sektoren bereits hoch. "Es ist daher notwendig, dass Überlegungen für eine CO2-Bepreisung mit der Prüfung des vorhandenen Steuer- und Abgabensystems einhergehen und vor allem die sozialen Auswirkungen auf Pendler und andere besonders Betroffene in den Blick genommen werden", so Hillebrand.
Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) meint, die Pläne der Umweltministerin gingen in die richtige Richtung: "Wer klimafreundlich mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, sollte belohnt werden", sagte Gerd Lottsiepen, der verkehrspolitische Sprecher des Verbands. "Wer jetzt noch einen spritdurstigen SUV kauft, sollte wissen, dass die Tankrechnung von Jahr zu Jahr höher wird."
Bei der FDP stießen die Vorschläge Schulzes dagegen ebenfalls auf Kritik. Der FDP-Klimapolitiker Lukas Köhler sagte, die drei Modelle zur CO2-Steuer seien allesamt unbrauchbar, um die CO2-Emissionen zuverlässig in der notwendigen Größenordnung zu senken. "Sie zeigen enorme Schwankungen bei den Prognosen über die Auswirkungen auf den Klimaschutz. Das belegt, dass eine willkürlich festgelegte CO2-Steuer ein gefährliches klimapolitisches Glücksspiel ist."
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, Schulze stehe beim CO2-Preis in der Bundesregierung allein auf weiter Flur. Es müsse endlich Entscheidungen geben. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, es liege nun ein konkreter Vorschlag zur Einführung einer sozialverträglichen CO2-Bepreisung auf dem Tisch: "Nun müssen CDU/CSU Farbe bekennen."
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte davor, die Wirtschaft über eine CO2-Bepreisung zusätzliche zu belasten. "Deutschlands Betriebe schultern bereits heute in der Mehrzahl die höchsten Strompreise in Europa", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer, der "Rheinischen Post" (Samstag). Insbesondere für internationale agierende und energieintensive Unternehmen müsse es einen rechtssicheren Ausgleich für zusätzliche Kosten geben./sku/ted/hoe/DP/he
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